Jobcenter machen viele Fehler, wie auch regelmäßig die Statistiken zu Widersprüchen und Klagen zeigen. Leider gehen diese in den meisten Fällen zu Lasten von Betroffenen, die ihr Existenzminimum mit Hartz IV Leistungen sicherstellen müssen.
Doch diese Fehler muss man nicht hinnehmen, denn gegen jeden Bescheid des Jobcenters – der ein Verwaltungsakt ist – kann binnen eines Monats Widerspruch erhoben werden. Diese Möglichkeit des Widerspruchs gegen Hartz IV Bescheide des Jobcenters sollten Bedürftige auch unbedingt nutzen!
Inhaltsverzeichnis
Widerspruch als erster Rechtsbehelf
Der Widerspruch ist der erste Rechtsbehelf, den Hartz IV Bedürftige gegen die vom Jobcenter erlassenen Bescheide haben. Auf diesen Rechtsbehelf muss das Jobcenter auch zwingend im Hartz IV Bescheid in der Rechtsbehelfsbelehrung hinweisen – und ebenso, in welcher Frist der Hartz IV Widerspruch beim Jobcenter erhoben werden kann
Widerspruchsfrist
Die Widerspruchsfrist gegen einen Jobcenter Bescheid beträgt
- 1 Monat
ab Zugang des Bescheids.
Ist keine Rechtsbehelfsbelehrung im Bescheid vermerkt – was durchaus vorkommt – hat der Betroffene sogar 12 Monate Zeit um Widerspruch zu erheben (§ 58 VwGO).
Grundsätzlich gilt ein Bescheid am 3. Tag nach Aufgabe des Jobcenters zur Post als zugestellt (Bekanntgabefrist nach § 122 Abs. 2 AO). Es ist daher überaus wichtig, sich das Datum des Empfangs des Hartz IV Bescheides auf dem Schriftstück zu notieren. Gerade wenn der Bescheid später ankommt, beispielsweise durch einen Streik bei der Post etc., kann der Bedürftige hierdurch glaubhaft machen, dass er den Bescheid später erhalten hat.
Fristwahrung: Der Widerspruch muss innerhalb der Widerspruchsfrist von einem Monat ab Bekanntgabe beim Jobcenter eingehen. Das Versanddatum bzw. das Datum auf dem Widerspruch selbst ist daher irrelevant.
Berechnung der Frist
Beispiel: Der Hartz IV Bedürftige bekommt einen Bewilligungsbescheid mit (Aufgabe-)Datum vom 09.07.2021. Dieser gilt am 12.07.2021 als zugestellt, womit auch die Fristrechnung ab dem 13.07.2021 beginnt. Der Widerspruch muss demnach spätestens am 13.08.2021 beim Jobcenter eingehen.
Fristende ist Wochenende oder Feiertag
Fällt das Fristende für den Widerspruch auf ein Wochenende (Samstag, Sonntag) oder einen gesetzlichen Feiertag, verschiebt sich die Frist auf den nächsten Werktag bis 24:00 Uhr.
Widerspruch hat keine aufschiebende Wirkung
Trotz Widerspruch (und ggf. anschließender Klage) ist der Hartz IV Bescheid erst einmal bindend, da er gemäß § 39 SGB II keine aufschiebende Wirkung hat.
Sollte der Hilfebedürftige durch den fehlerhaften Hartz IV Bescheid in eine existentielle Notsituation geraten, etwa, weil er einen Ablehnungsbescheid für Hartz IV erhalten hat, kann nach §86b SGG (parallel zum Widerspruch) ein Eilantrag (Einstweiliger Rechtsschutz) beim Sozialgericht eingereicht werden.
Auch interessant: Widerspruch gegen Einliederungsvereinbarung als Verwaltungsakt
Widerspruchsfrist abgelaufen, was tun?
Ist die Widerspruchsfrist abgelaufen, ist der Bescheid (Rechtsbehelf) rechtskräftig. Die einzige Möglichkeit, die dann noch bleibt um den Bescheid anzufechten, ist innerhalb eines Jahres der Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X.
Zusammenfassung des Widerspruchsverfahrens
- Hilfebedürftiger erhält einen Bescheid (Verwaltungsakt) des Jobcenters, der in seinen Augen nicht richtig ist
- Daraufhin erhebt er fristgerecht Widerspruch gegen den Bescheid.
- Bescheid wird nun erneut geprüft.
- Es muss ein Widerspruchsbescheid (Verwaltungsakt) vom Jobcenter kommen. Sollte das Jobcenter innerhalb von drei Monaten keinen Widerspruchsbescheid erlassen, kann eine Untätigkeitsklage beim Sozialgericht erhoben werden.
- Wenn dem Widerspruch ganz oder teilweise nicht entsprochen wird, bleibt nur noch die Hartz IV Klage vor dem Sozialgericht, ein weiterer Widerspruch gegen den Widerspruchsbescheid ist nicht mehr möglich.
Schematischer Ablauf des Widerspruchsverfahrens
Im folgenden Schaubild haben wir den Ablauf des Widerspruchsverfahrens gegen Verwaltungsakte des Jobcenters (Leistungsbescheid, Aufhebungsbescheid, Sanktionsbescheid, Rückzahlungsbescheid etc.) auch noch einmal grafisch dargestellt.
Auf Spezialfälle, wie beispielsweise Überprüfungsanträge oder Sprungrevisionen, wird der Einfachheit halber nicht eingegangen.
Schriftform oder mündlich zu Protokoll
Schriftlicher Widerspruch
- Das Schreiben muss an das Jobcenter gerichtet sein. (Nennung als Empfänger.)
- Es muss zu erkennen sein, von wem der Widerspruch kommt. (Name & Anschrift des Senders.)
- Angabe der BG-Nummer.
- Im Text sollte dann genau angegeben werden, weshalb Widerspruch erhoben wird (Begründung).
Tipp: Sollte der Widerspruch per Post gesendet werden, empfehlen wir, den Brief als Einschreiben für einen besseren Nachweis über den fristgerechten Zugang. Bei persönlicher Abgabe des schriftlichen Widerspruchs sollte man sich die Abgabe quittieren lassen. Generell empfehlen wir, immer mit einem Zeugen zum Jobcenter zu gehen.
Mündlicher Widerspruch zu Protokoll
Der mündliche Widerspruch wird in diesem Fall von einem Jobcenter-Mitarbeiter schriftlich zu Protokoll aufgenommen, dazu ist er nach § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO verpflichtet.
Nachdem der Inhalt vom Mitarbeiter aufgenommen wurde, muss der Antragssteller die Richtigkeit mit seiner Unterschrift bestätigen.
- Mündlichen Widerspruch im Beisein eines Zeugen/Beistand erheben
- Vor Unterschrift genau zu prüfen, ob der Mitarbeiter alles richtig und vollständig aufgenommen hat
- Man sollte sich in jedem Fall eine Kopie des Schreibens aushändigen lassen.
Wer widerspricht bei einer Bedarfsgemeinschaft?
Laut Aussage des Bundessozialgerichts müssen alle Personen einer Bedarfsgemeinschaft ihre individuellen Rechtsansprüche einzeln geltend machen.
Es ist aber nicht erforderlich, dass hierfür pro Person ein eigenes Widerspruchsschreiben aufgesetzt wird.
Es genügt, wenn die strittigen und angefochtenen Leistungen pro Person aus dem Schreiben hervorgehen und jeweils einzeln Widerspruch dagegen eingelegt wird.
Wichtig: Das Schreiben muss von allen Personen der Bedarfsgemeinschaft, die Widerspruch erheben, unterschrieben werden.
Kosten des Widerspruchverfahrens
Der Widerspruch gegen einen Bescheid beim Jobcenter ist kostenfrei und kann auch ohne Anwalt erhoben werden.
Möchte man einen Anwalt mit der Sache beauftragen, besteht für Hartz IV Bedürftige die Möglichkeit der Beratungshilfe – hier darf der Rechtsanwalt für seine vorgerichtliche Tätigkeit lediglich 15 Euro pauschal verlangen, das restliche Honorar übernimmt der Staat.
Konnte der Widerspruch keine Abhilfe schaffen, bleibt nach Zugang des Widerspruchsbescheides – das ist die Entscheidung des Jobcenters über den Widerspruch – bleibt nur noch der Gang vor das Sozialgericht.
Gerichtskosten fallen bei einer Hartz IV Klage beim Sozialgericht in den unteren Instanzen nicht an, ebenso muss kein Anwalt beigezogen werden. Benötigt man einen Anwalt, wozu wir auch dringend raten würden, können dessen Kosten (bei Aussicht auf Erfolg des Verfahrens) über Prozesskostenhilfe bzw. Verfahrenskostenhilfe beantragt und gezahlt werden.
Ein Drittel Erfolgsquote bei Widersprüchen
Sollten Sie Zweifel an der Korrektheit eines Bescheides des Jobcenters haben, sollten Sie unbedingt fristgerecht Widerspruch erheben. Die Statistiken über Jahre zeigen, dass Jobcenter viele Fehler machen und sich der Widerspruch lohnt, immerhin werden rund 35 Prozent aller Widerspruchsverfahren ganz oder teilweise zu Gunsten der Hartz IV Bedürftigen entschieden. Angesichts einer solch hohen Fehleranfälligkeit von gut einem Drittel sollten Leistungsbezieher ihre Bescheide immer überprüfen bzw. überprüfen lassen.
Die häufigsten Ursachen für fehlerhafte Hartz IV Bescheide seitens der Jobcenter sind eine unzureichende Sachverhaltsaufklärung sowie fehlerhafte Rechtsanwendung – dies bezieht sich in den meisten Fällen auf die Anrechnung des Einkommens sowie Vermögens, der Kosten für Unterkunft und Heizung sowie Leistungskürzungen durch Sanktionen.
Muster Widerspruch (Vordrucke) zum Download
Für verschiedene Bescheide stellen wir Widersprüche als Muster zur Verfügung, die kostenfrei genutzt werden können. Zunächst nur als Word-Datei, künftig auch als PDF, welches direkt am PC ausgefüllt werden kann.
Zu hohes Einkommen
Zu wenig Kosten der Unterkunft
Mehrbedarf Warmwasser
- Muster Widerspruch Hartz 4 Mehrbedarf Warmwasser
Pkw Vermögen
Rückforderungsbescheid
Eingliederungsvereinbarung als Verwaltungsakt
Das Wichtigste in Kürze zusammengefasst
Wie schreibt man einen Widerspruch Jobcenter?
Der Widerspruch an das Jobcenter ist an keine besonderen Regeln gebunden. Aus dem Widerspruch sollte hervorgehen, dass es sich um einen Widerspruch handelt und dieser gegen einen bestimmten Bescheid gerichtet ist. Nutzen Sie auch unsere Muster-Vordrucke für Widersprüche gegen verschiedene Bescheide des Jobcenters.
Wie lange dauert ein Widerspruch bei Hartz 4?
Erhebt ein Leistungsempfänger Widerspruch gegen einen Bescheid des Jobcenters, hat Letzteres höchstens 3 Monate Zeit den Widerspruch zu bearbeiten, andernfalls kann der Leistungsempfänger eine Untätigkeitsklage gegen das Jobcenter erheben (§ 88 Sozialgerichtsgesetz).
Wie lange Widerspruchsfrist gegen Jobcenter Bescheid?
Grundsätzlich beträgt die Widerspruchsfrist 1 Monat (nicht vier Wochen!) ab Bekanntgabe bzw. Zustellung des Bescheides. Als bekanntgegeben und als beim Hartz IV Bedürftigen zugestellt gilt dieser im Regelfall drei Werktage nach Aufgabe in den Versand durch das Jobcenter bzw. dem Datum auf dem Bescheid.
Kann man Widerspruch per Mail senden?
Zwar bedarf der Widerspruch der Schriftform – kann aber auch unter bestimmten Voraussetzungen auch per Email erhoben werden. Dies gilt, wenn Jobcenter bspw. einen Zugang zu einem elektronischen Behördenpostfach gewähren. Zu beachten ist aber, dass die Email bzw. der Anhang (z.B. PDF) der Email aus Sicherheitsgründen qualifiziert signiert sein muss.
Zuletzt aktualisiert: 31.05.2022