Im Bürgergeld Bezug werden die Kosten für die Beheizung der Unterkunft vom Jobcenter übernommen. Allerdings zahlt das Jobcenter lediglich die angemessenen Heizkosten. Heizt der Hilfebedürftige mehr als der örtliche Durchschnitt, muss er mit einer Kostensenkungsaufforderung rechnen.
Inhaltsverzeichnis
Übernahme der Bürgergeld Heizkosten – Anlage KDU
Empfängern von Bürgergeld steht nach § 22 SGB II neben dem Regelsatz auch eine angemessene Unterkunft inklusive Nebenkosten und Heizung zu. Neben dem Hauptantrag muss hierfür die Anlage KDU (Kosten der Unterkunft und Heizung) ausgefüllt werden.
Wichtig: Wird der Brennstoff (beispielsweise Holz oder Kohle) selbst besorgt, kann dies unter Punkt 3 des Antrags angegeben werden. Zusätzlich muss ein Antrag auf Brennstoffbeihilfe gestellt werden.
Welche Kosten für eine Unterkunft allgemein als angemessen gelten erfahren Sie unter Angemessene Wohnkosten bei Bürgergeld Bezug.
Angemessene Heizkosten beim Bürgergeld
Unabhängig von der Befeuerungsart (Heizöl, Gas, Holz, etc.) zahlt das Jobcenter in allen Fällen lediglich die angemessenen Heizkosten. Für die Beurteilung die Angemessenheit orientiert sich das Jobcenter nach den örtlichen Heizkosten.
Beurteilung nach Heizspiegel
Das Bundessozialgericht hat 2009 entschieden, dass sich das Jobcenter zur Beurteilung der Angemessenheit nach dem bundesweiten Heizspiegel orientieren darf (BSG, B 14 AS 36/08 R vom 02.07.09). Mit dem Heizspiegel kann das Jobcenter vergleichen, ob der Hilfebedürftige annähernd so viel Heizenergie verbraucht hat wie andere Menschen in vergleichbaren Gebäuden.
Sollte die verbrauchte Heizenergie laut Heizspiegel höher sein als der Durchschnittsverbrauch, lässt sich daraus schließen, dass der Verbrauch unangemessen hoch ist.
Angemessener Heizenergiebedarf pro Kalenderjahr – Richtwert
Haushaltsgröße | Wohnungsgröße | Angemessener Heizenergiebedarf pro Kalenderjahr |
1 Person | 50m² | 12.600 kWh |
2 Personen | 65m² | 16.380 kWh |
3 Personen | 80m² | 20.160 kWh |
4 Personen | 95m² | 23.940 kWh |
Quelle: Heizung.de
Beispiel Berlin
Energiequelle | Gebäudefläche in m² | Preis pro m² / Jahr | Preis pro m² / Monat | Grenzwert 1 P. | Grenzwert 2 P. | Grenzwert 4 P. |
Heizöl | 251 – 500 | 17,60 € | 1,47 € | 73,50 € | 88,20 € | 132,30 € |
Erdgas | 251 – 500 | 15,80 € | 1,32 € | 66 € | 79,20 € | 118,80 € |
Beispiel Hannover
Energiequelle | Haushaltsgröße | Wohnungsgröße | Grenzwert |
Heizöl | 1 Person | 50 m² | 95,50 € |
Heizöl | 4 Personen | 95m² | 181,45 € |
Erdgas | 1 Person | 50 m² | 84,50 € |
Erdgas | 4 Personen | 95m² | 160,55 € |
Quelle: Jobcenter Region Hannover
Persönliche Situation des Hilfebedürftigen
Das Jobcenter muss in jedem Fall die persönliche Situation des Hilfebedürftigen betrachten. Denn die Heizkosten können laut Heizspiegel zwar als überdurchschnittlich hoch und dadurch als unangemessen eingestuft werden, dennoch kann die persönliche Situation dafür sorgen, dass die Kosten in diesem Fall angemessen sind.
Der Hilfebedürftige muss die Möglichkeit erhalten, zu begründen und nachzuweisen, weshalb seine Heizkosten individuell angemessen sind (BSG, B 14 AS 33/08 R vom 02.07.2009). Beispiel: Der Hartz IV Empfänger wohnt in einem älteren Mehrfamilienhaus mit älteren Fenstern und Türen und dadurch werden mehr Heizkosten verursacht als in einem neueren Gebäude.
Kostensenkungsverfahren bei zu hohen Heizkosten
Wenn die Heizkosten laut Heizspiegel bzw. örtlichen Vergleichswerten zu hoch sind und auch keine individuelle Angemessenheit vorliegt, kann das Jobcenter den Mieter im Rahmen eines Kostensenkungsverfahrens auffordern, künftig seine Heizkosten zu verringern.
Tut er dies nicht innerhalb der gesetzten Frist (in der Regel 6 Monate), werden fortan nur die angemessenen Kosten übernommen. Die fehlende Differenz muss vom Betroffenen bezahlt werden.
Was ist, wenn mehr Heizkosten verursacht wurden (Heizkostennachzahlung) ?
Sollten am Ende der Heizperiode mehr Heizkosten verbraucht worden sein, als im Voraus gezahlt wurde, kann ein Antrag auf Nachzahlung der Nebenkosten beim Jobcenter gestellt werden. Es gilt zu beachten, dass die Nachzahlung ebenfalls im Rahmen der Angemessenheit liegen muss.
Sollten die monatlichen Heizkostenabschläge bereits beim Grenzwert liegen und kommt es zu einer Heizkostennachzahlung, wird das Jobcenter in der Regel nicht für die Nachzahlung aufkommen. Ausnahme: Wenn in der Vergangenheit noch kein Kostensenkungsverfahren durchgeführt wurde, ist die Heizkostennachzahlung zu übernehmen, auch wenn die Heizkosten unangemessen hoch sind.
Wie die Nebenkostennachzahlung abläuft und welche Voraussetzungen gegeben sein müssen erfahren Sie im Detail unter Nebenkostennachzahlung bei Bürgergeld.
Heizkostenguthaben
Ergibt sich aus der Heizkostenabrechnung ein Guthaben, muss das Jobcenter darüber informiert werden. Wurden die Heizkosten in voller Höhe vom Jobcenter übernommen, wird das Heizkostenguthaben im Monat nach der Auszahlung auf die Leistungen des Jobcenters angerechnet (§ 22 Abs. 3 SGB II).
Hat der Hilfebedürftige hingegen einen Teil der Heizkosten selbst aus dem Regelsatz bezahlt, ist dieser Anteil anrechnungsfrei.
Heizen mit Erdgas – Gastherme und Zentralheizung
Die Heizkosten für die Gastherme gehören zu den sogenannten warmen Betriebskosten und sind Teil der Nebenkosten, die im Mietvertrag aufgeführt sind. Sie werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen bezahlt, sofern die Kosten angemessen sind.
Beispiel München
Vergleichswerte für das Abrechnungsjahr 2016
Gebäudefläche in m2 | Kosten in € je m² und Jahr | |||
Niedrig | Mittel | Erhöht | Zu hoch | |
100 – 250 | Unter 9,20 | 9,20 – 13,69 | 13,71 – 18,30 | Ab 18,30 |
251 – 500 | Unter 8,60 | 8,60 – 12,69 | 12,71 – 17,10 | Ab 17,10 |
Quelle: Heizspiegel München
Demnach liegt der Grenzwert bei einer BG aus 4 Personen (95 m² Wohnfläche, Gebäudefläche 100 – 250 m²) bei monatlich 144,88 Euro. Bei einem Singlehaushalt (50 m² Wohnfläche, Gebäudefläche 100 – 250 m²) liegt der Grenzwert für Erdgas monatlich bei 76,25 Euro.
Beispiel Hildesheim und Peine
Vergleichswerte für das Abrechnungsjahr 2019
Gebäudefläche in m2 | Kosten in € je m² und Jahr | |||
Niedrig | Mittel | Erhöht | Zu hoch | |
100 – 250 | Unter 7,80 | 7,80 – 11,40 | 11,41 – 14,90 | Ab 14,90 |
251 – 500 | Unter 7,10 | 7,10 – 10,30 | 10,31 – 13,50 | Ab 13,50 |
Quelle: Heizspiegel Landkreis Hildesheim und Peine
Hier liegt der Grenzwert bei einer BG aus 4 Personen (95 m² Wohnfläche, Gebäudefläche 100 – 250 m²) bei monatlich 117,96 Euro. Bei einem Singlehaushalt (50 m² Wohnfläche, Gebäudefläche 100 – 250 m²) liegt der Grenzwert monatlich bei 62,08 Euro.
Regelmäßige Wartung
Die Gastherme muss regelmäßig gewartet und vom Schornsteinfeger überprüft werden. Die Wartung der Gas-Zentralheizung ist in den meisten Fällen Vermieter-Sache, die Kosten für die Wartung und Überprüfung der Gasetagenheizung müssen hingegen oft vom Mieter getragen werden.
Wenn die regelmäßige Wartung und eigenständige Kostenübernahme der Gasetagenheizung im Mietvertrag festgelegt und vorgeschrieben sind, müssen die Wartungskosten vom Jobcenter übernommen werden (Sozialgericht Augsburg – AZ: S 9 AS 271/07). Die Abrechnung der Wartungskosten erfolgt entweder über die Nebenkostenabrechnung oder direkt über den Gas-Versorger.
Mehr zum Thema Nebenkostenabrechnung finden Sie im Ratgeber auf mietrecht.de.
Heizen mit Öl – Ölzentralheizung bei Hartz IV
Im Mehrfamilienhaus versorgt die Öl-Zentralheizung alle Mieteinheiten mit Wärme. Die Ölkosten-Abrechnung erfolgt über die Nebenkosten direkt mit dem Vermieter. Die angemessenen Kosten werden vom Jobcenter in tatsächlicher Höhe übernommen.
Beispiel München
Vergleichswerte für das Abrechnungsjahr 2016
Gebäudefläche in m2 | Kosten in € je m² und Jahr | |||
Niedrig | Mittel | Erhöht | Zu hoch | |
100 – 250 | Unter 8,50 | 8,50 – 11,39 | 11,41 – 15,20 | Ab 15,20 |
251 – 500 | Unter 8,10 | 8,10 – 10,89 | 10,91 – 14,40 | Ab 14,40 |
Quelle: Heizspiegel München
Grenzwert für Heizöl liegt bei einer BG aus 4 Personen (95 m2 Wohnfläche, Gebäudefläche 100 – 250 m²) bei 120,33 Euro. Bei einem Singlehaushalt (50 m² Wohnfläche, Gebäudefläche 100 – 250 m²) liegt der Grenzwert monatlich bei 63,33 Euro.
Beispiel Hildesheim und Peine
Vergleichswerte für das Abrechnungsjahr 2019
Gebäudefläche in m² | Kosten in € je m² und Jahr | |||
Niedrig | Mittel | Erhöht | Zu hoch | |
100 – 250 | Unter 8,00 | 8,00 – 12,00 | 12,01 – 16,60 | Ab 16,60 |
251 – 500 | Unter 7,50 | 7,50 – 11,20 | 11,21 – 15,50 | Ab 15,50 |
Quelle: Heizspiegel Landkreis Hildesheim und Peine
Demnach liegt der Grenzwert bei einer BG aus 4 Personen (95 m² Wohnfläche, Gebäudefläche 100 – 250 m²) bei monatlich 131,42 Euro. Bei einem Singlehaushalt (50 m² Wohnfläche, Gebäudefläche 100 – 250 m²) liegt der Grenzwert monatlich bei 69,17 Euro.
Heizen mit selbst beschafften Brennstoffen bei Hartz IV
Auch bei selbst beschafften Brennstoffen, wie beispielsweise Kohle oder Holz, muss das Jobcenter im angemessenen Rahmen für die Beheizung der Unterkunft aufkommen. Der Hilfebedürftige muss hierfür einen Antrag auf Brennstoffbeihilfe beim Jobcenter stellen.
Der jeweilige angemessene Bedarf wird vom Jobcenter individuell berechnet. Hinterher darf sich der Antragssteller entsprechendes Material für die bevorstehende Heizperiode besorgen.
Alles Wichtige zur Brennstoffbeihilfe und dem angemessenen Bedarf bei selbst beschafften Brennstoffen erfahren Sie unter Heizkosten bei selbst beschafften Brennstoffen – Brennstoffbeihilfe.
Heizen mit Strom
Wenn die Unterkunft des Hilfebedürftigen lediglich über eine Heizung verfügt, die mit Strom betrieben wird (Elektroheizung, Elektrospeicherheizung, elektrisch betriebene Bodenheizung, Nachtspeicheröfen etc.), besteht trotzdem Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen, angemessenen Heizkosten nach § 22 SGB II.
Damit das Jobcenter die Kosten für den Heizstrom und nicht auch die Kosten für den Haushaltsstrom (Waschmaschine, Kühlschrank, etc.) übernimmt, müssen die Kosten aber differenziert werden.
Alles Wichtige zum Thema „Heizen mit Strom“ erläutern wir Ihnen unter Strom bei Bürgergeld.
Titelbild „Heizkörper“ – Unsplash.com via Bernard Hermant