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Prozesskostenhilfe – PKH beantragen

Recht haben und Recht bekommen sind zwei Seiten einer Medaille. In einem Rechtsstaat versteht es der Staat als Pflicht, auch demjenigen Bürger zu seinem Recht zu verhelfen, der sich keinen teuren Prozess leisten kann. Der Staat gewährt deshalb als staatliche Fürsorgeleistung im Bereich der Rechtspflege einkommensschwachen Bürgern:

  • Beratungshilfe (Beratungshilfeschein) für die außergerichtliche Information durch einen Rechtsanwalt
  • Prozesskostenhilfe für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen im Wege eines Gerichtsverfahrens (PKH, § 114 ff ZPO).
  • Verfahrenskostenhilfe in Verfahren nach dem FamFG (Familiensachen, Betreuungssachen). Regelungsgegenstand und Regelungszweck sind mit der PKH deckungsgleich.

Prozesskostenhilfe kann für jedes zivil- und verwaltungsgerichtliche Verfahren gewährt werden. Im Strafprozess wird auf Staatskosten ein Pflichtverteidiger beigeordnet.

Wer kann Prozesskostenhilfe beantragen?

Bei Empfängern von Sozialleistungen wie dem Bürgergeld wird grundsätzlich davon ausgegangen, dass der Betroffene nicht genügend Geld zur Verfügung hat, um einen Gerichtsprozess zu bezahlen, da der monatliche Regelbedarf schon bereits unter der Einkommensgrenze für die PKH liegt. Zusammen mit dem Beratungshilfeschein und der Prozesskostenhilfe haben Leistungsempfänger also die Möglichkeit, sich gegen Fehlentscheidungen und Verwaltungsakte des Jobcenters mit einem Widerspruch sowie Inanspruchnahme der Sozialgerichte mit einer Klage zu wehren. Anspruch auf Prozesskostenhilfe hat darüber hinaus jeder Bürger,

  • der nach seinen „persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen außerstande“ ist, die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufzubringen (§ 114 ZPO),
  • sofern die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussichten auf Erfolg bietet,
  • nicht mutwillig erscheint,
  • kein verwertbares Vermögen vorhanden ist (Maßgabe: § 90 SGB XII)
  • keine Rechtsschutzversicherung besteht oder die Deckungszusage abgelehnt wurde oder die Deckungszusage die Prozesskosten nicht abdeckt und
  • kein Anspruch auf Kostenübernahme gegen Dritte besteht (Prozesskostenvorschuss gegen Ehepartner bei Scheidung, Mitgliedschaft in einem Mieterverein, Gewerkschaft, Sozialverband).

PKH für Ausländer

Die PKH ist nicht an die deutsche Staatsbürgerschaft geknüpft, weshalb auch in Deutschland lebende Ausländer Anspruch auf Prozesskostenhilfe darauf haben.

Keine mutwillige Prozessführung

Eine Rechtsverfolgung ist mutwillig, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beantragt, bei verständiger Würdigung aller Umstände ihre Interessen nicht unter Inanspruchnahme eines Gerichts wahrnehmen würde. Damit will der Staat vermeiden, dass eine Partei in der Erwartung, der Staat werde die Prozesskosten bezahlen, einen Prozess führt, den sie normalerweise nicht führen würde.

Kostenübernahme durch die PKH

Wird auf Antrag Prozesskostenhilfe bewilligt, übernimmt der Staat die Gerichtsgebühren und die Kosten des eigenen Rechtsanwalts, nicht aber die Kosten des gegnerischen Anwalts. Der Anwalt rechnet seine Kosten direkt mit der Staatskasse ab. Geht der Prozess verloren, muss die Partei, der Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, auch die Kosten der gegnerischen Partei bezahlen. Eine Ausnahme besteht in der ersten Instanz vor dem Arbeitsgericht. Nur in diesem Fall braucht die Partei, die den Prozess verliert, die Kosten des Gegneranwalts nicht zu erstatten.

Hinweis: Bei Verfahren zum Bürgergeld gegen das Jobcenter gibt es keinen gegnerischen Anwalt.

Wird Prozesskostenhilfe bewilligt, wird der Partei ein Rechtsanwalt beigeordnet, sofern

  • Anwaltszwang besteht (Verfahren vor Familiengerichten, Landgerichten, Oberlandesgerichten, Bundesgerichtshof)
  • oder die anwaltliche Vertretung erforderlich erscheint
  • oder die gegnerische Partei selbst anwaltlich vertreten ist und mit der Beiordnung eines eigenen Anwalts Chancengleichheit hergestellt wird.

Info:
Die Prozesskostenhilfe deckt lediglich die Kosten für den eigenen Rechtsanwalt und die Gerichtskosten. Möchte der Antragssteller für das Verfahren selbstständig beispielsweise auch ein Gutachten oder sonstige Bescheinigungen erstellen lassen, werden diese Kosten gemäß § 109 SGG von der Landeskasse getragen, sofern das Gutachten/ die Bescheinigung die:

  • Sachaufklärung objektiv wesentlich gefördert hat.
  • Entscheidung des Gerichts Bedeutung hatte.

Für die Kosten eines Gutachtens und andere Bescheinigungen muss also ein zusätzlicher Kostenübernahmeantrag gestellt werden.

Da die Kostenübernahme jedoch davon abhängig ist, ob das Gutachten für die Urteilsfindung des Gerichts dienlich gewesen ist, sollte der Antrag auf Kostenübernahme erst gestellt werden, wenn das Verfahren abgeschlossen ist.

Achtung: Wenn das Gutachten keine Relevanz für das Gericht hatte, wird die Kostenübernahme vermutlich abgelehnt. In diesem Fall muss der Kläger die Kosten des Gutachtens selber tragen.

Sollten etwaige Gutachten vom Gericht gefordert und in Auftrag gegeben werden, muss der Antragssteller nicht für die Kosten aufkommen und daher auch keinen Kostenübernahmeantrag stellen.

Antrag auf Prozesskostenhilfe – PKH beantragen

Die bedürftige Partei muss bei dem Gericht, bei dem die Klage eingereicht werden soll, den PKH Antrag stellen. Der Antrag kann zeitgleich mit der Klage bei Gericht eingereicht werden. Um das Kostenrisiko zu vermeiden, kann die Klage mit der Bedingung eingereicht werden, dass tatsächlich Prozesskostenhilfe bewilligt wird. Vorab besteht die Möglichkeit, sich im Wege der Beratungshilfe anwaltlich beraten zu lassen, ob und inwieweit eine beabsichtigte Prozessführung Aussichten auf Erfolg hat und insoweit Prozesskostenhilfe bewilligt werden könnte.

Der Prozesskostenhilfe Antrag wird formlos gestellt und muss alle Informationen enthalten, die es dem Gericht ermöglichen, den Sachverhalt und die Erfolgsaussichten einer Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung einzuschätzen. Hierzu kann dem Gericht entweder das Aktenzeichen des Verfahrens oder ein Entwurf der Klage beigefügt werden.

Im Regelfall sollte die Antragstellung aber der anwaltlichen Vertretung überlassen werden, um Fehler zu vermeiden und die PKH-Gewährung zu gefährden.

Nachweise beifügen

Dem formlosen Antrag ist das amtliche Formular Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe beizufügen. In dem Formular werden die persönlichen Verhältnisse abgefragt und sind mit Belegen (Kopien) nachzuweisen.

Das Gericht entscheidet per Beschluss, ob Prozesskostenhilfe bewilligt wird. Im Zweifel wird das Gericht den Antragsteller auffordern, fehlende Belege nachzureichen oder seine Angaben an Eides statt zu versichern. Falsche eidesstattliche Versicherungen sind nach § 156 StGB mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bedroht.

PKH Antrag Formular Download (PDF)

Unter nachfolgendem Link steht das amtliche Formular zur Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe als PDF-Datei zum Download zur Verfügung.

Download Formular

Was passiert, wenn das Gericht die Prozesskostenhilfe ablehnt?

Für die Bewilligung der PKH muss der Antragssteller nach §114 ZPO folgende Voraussetzungen erfüllen:

  • Es bestehen hinreichende Erfolgsaussichten.
  • Der Antragssteller kann die Kosten für den Prozess nicht selber tragen.
  • Der Prozess wird nicht mutwillig geführt. (Eine nicht bedürftige Partei würde bei sachgerechter und vernünftiger Einschätzung der Prozesslage ebenfalls Klage erheben.)

Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass die Prozesskostenhilfe lediglich abgelehnt werden kann, wenn keine ausreichenden Erfolgsaussichten bestehen, das Vorgehen mutwillig erscheint oder der Antragssteller ausreichendes Einkommen oder Vermögen besitzt.

Übrigens: Im Falle einer Rechtsschutzversicherung würde die PKH ebenfalls abgelehnt werden, da die Versicherung dann zur Übernahme der Kosten verpflichtet ist.

Wenn das Gericht die Prozesskostenhilfe ablehnt, hat der Bedürftige die Möglichkeit, gemäß § 567 ZPO eine sofortige Beschwerde gegen die Ablehnung der PKH zu stellen.

Dennoch: Sollte die PKH aufgrund unzureichender Erfolgsaussichten abgelehnt werden, solle darüber nachgedacht werden, die Klage zurück zu ziehen.

Einkommensgrenze – Freibeträge vom Einkommen

Grundlage ist das Bruttoeinkommen (Gehalt, Mieteinnahmen, Einnahmen aus Kapitalvermögen, Rente, BAföG, Bürgergeld, Geschiedenenunterhalt). Das Kindergeld wird hinzugezählt. Eigenes Einkommen des Ehepartners oder eingetragenen Lebenspartners bleibt unberücksichtigt.

Handelt es sich um eine Bürgergeld Bedarfsgemeinschaft, so ist nicht das gesamte Einkommen dieser zu berücksichtigen sondern nur anteilsmäßig der Person, die Prozesskostenhilfe beantragen möchte. So entscheid das Landesarbeitsgericht Trier 3 Ta 200/14 vom 11.11.2014.

Vom Einkommen werden abgezogen: …

  • Steuern (Einkommensteuer, Kirchensteuer, nicht aber Umsatzsteuer),
  • Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung und
  • Werbungskosten (Fahrtkosten, Arbeitsmittel, bei selbständiger Arbeit Betriebsausgaben).
  • Wohnkosten (Miete, Mietnebenkosten, Hypothekenzinsen)
  • Freibeträge im Hinblick auf besondere Belastungen/ Mehrbedarf (Behinderung, Schwangere ab 12. Schwangerschaftswoche, Alleinerziehende)

Ferner werden folgende Freibeträge berücksichtigt:

Freibetrag BundFreibetrag LKR FürstenfeldbruckFreibetrag Stadt MünchenFreibetrag LKR MünchenFreibetrag LKR Starnberg
wenn die Partei Einkommen aus Erwerbstätigkeit bezieht282 €295 €296 €290 €297 €
Freibetrag für Ehegatte oder Lebenspartner619 €649 €650 €637 €652 €
Freibetrag für unterhaltsberechtigte Erwachsene496 €520 €519 €510€523€
Freibetrag für unterhaltsberechtigte Kinder 15-18 Jahre518 €540 €541 €534 €543 €
Freibetrag für unterhaltsberechtigte Kinder 7-14 Jahre429 €442 €446 €441 €446 €
Freibetrag für unterhaltsberechtigte Kinder bis 6 Jahren393 €408 €407 €404 €409 €

(Stand für 2024 nach Prozesskostenhilfebekanntmachung 2024 vom 22.12.2023 (BGBl 2023 I. Nr. 56 S. 2843)

Der sich ergebende Restbetrag ist das maßgebliche Einkommen, nach dem Prozesskostenhilfe mit oder ohne Ratenzahlungsverpflichtung gewährt wird.

Beispielrechnung zur Einkommensgrenze

Müller aus Berlin möchte unfallbedingt Schmerzensgeld einklagen. Er ist verheiratet und Vater zweier unterhaltsberechtigter Kinder im Alter von 19 und 12 Jahren. Die Ehefrau ist Hausfrau. Sein Anspruch auf Prozesskostenhilfe errechnet sich wie folgt:

  • Bruttoeinkommen: 2.500 €
  • Nach Abzug von Lohnsteuer, Sozialversicherung und Werbungskosten ergibt sich ein Nettoeinkommen von: 1.750 €
  • Das Kindergeld von jeweils 250 € (Stand 2024), insgesamt 500 €, wird hinzugerechnet. Es ergibt sich ein Einkommen von 2.250 €
  • Freibetrag für Müller selbst: 619 €
  • Freibetrag für Frau Müller: 619 €
  • Freibetrag für Kind 19 Jahre: 496 €
  • Freibetrag für Kind 12 Jahre: 429€
  • Freibetrag für Erwerbstätigkeit Müller: 282 €
  • Wohnkosten: 750 €

Es errechnet sich ein Betrag von minus 945 €. Da Herr Mueller über keine Vermögenswerte verfügt, erhält er Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsverpflichtung. Die PKH wird zunächst nur für die Instanz gewährt, für die der Prozess geführt wird. Der Betrag der Prozesskostenhilfe bestimmt sich nach dem Streitwert. Geht der Streit in die Berufung, muss erneut PKH beantragt werden. Eine „Selbstbeteiligung“, ähnlich wie bei einer Versicherung, gibt es nicht.

Verwertbares Vermögen

Anrechenbares Vermögen bei der Berücksichtigung zur Gewährung von Prozesskostenhilfe ist nur solches, welches für den Antragsteller entbehrlich ist. Besitzer eines angemessenen Eigenheims (selbstgenutzte Wohnung oder Haus) müssen sich keine Gedanken machen, dass sie aufgrund des Immobilienbesitzes keine Prozesskostenhilfe gewährt bekommen. Ebenso bleiben u. A. angemessener Hausrat, Altersvorsorgevermögen (siehe auch Schonvermögen) von der Anrechnung befreit. Weitere Freibeträge führt § 90 SGB XII auf.

Rückzahlung von Prozesskostenhilfe

Wenn Prozesskostenhilfe mit Ratenzahlung bewilligt wird

Ergäbe sich anhand der Berechnung mit veränderten Werten ein Einkommen von beispielsweise plus 192 €, müsste Mueller davon die Hälfte als Monatsrate (96 €) auf die Prozesskostenhilfe zahlen (§ 115 II ZPO). Seine Zahlungsverpflichtung würde sich so lange hinziehen, bis er den Prozesskostenhilfebetrag zurückgezahlt hätte, maximal aber 48 Monatsraten lang.

Betrüge die monatliche Rate jedoch weniger als 10 €, ist von einer Festsetzung von Monatsraten abzusehen.

Was ist nach Gewährung von Prozesskostenhilfe zu beachten?

Wird Prozesskostenhilfe gewährt, muss die Partei das Gericht über einen Zeitraum von bis zu 48 Monaten informieren, wenn sich ihre wirtschaftlichen Verhältnisse verbessern oder verschlechtern. Bei laufenden Einkünften ist jede nicht nur einmalige Verbesserung, die mehr als 100 Euro brutto im Monat beträgt, mitzuteilen. Gleiches gilt, wenn sich eine Entlastung von 100 Euro im Monat einstellt. Auch die Änderung des Wohnsitzes ist mitzuteilen. Verstöße gegen die Informationspflicht können mit der Aufhebung der Prozesskostenhilfe geahndet werden.