Der zum Jahresbeginn eingeführte Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde hat kaum Auswirkungen auf die Zahlen der Hartz IV Aufstocker. Wie die „Süddeutsche Zeitung“ unter Berufung auf eine Antwort der Regierung auf eine Anfrage der Grünen berichtet, sei die Zahl von im Dezember 2014 1,268 Millionen Aufstocker nur um 45.000 auf 1,223 Millionen Aufstocker im Februar 2015 gesunken.
Wir haben bereits im April 2015 über eine Studie des Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) berichtet, die bereits eine geringe Auswirkung des neu eingeführten Mindestlohns auf die Zahl der Hartz IV Aufstocker hochgerechnet hatte. Die ermittelten, dass gerade einmal 60.000 Beschäftigte, die ihr Einkommen mit Hartz IV Leistungen aufstocken mussten, von der Einführung des Mindestlohns profitieren würden. In den ersten Monaten des Jahres 2015 liegt die tatsächliche Zahl mit 45.000 noch deutlich unter den Prognosen. Nach den aktuellen Zahlen der Bundesregierung sind es gerade einmal knapp über 3,5 Prozent, die sich nach zwei Monaten des gesetzlichen Mindestlohns der Abhängigkeit von Hartz IV entziehen konnten.
Mindestlohn sehr niedrig
Dies mag auch daran liegen, dass zwar die Einführung des Mindestlohns ein kleiner Schritt in die richtige Richtung ist, aber 8,50 Euro pro Stunde auch nicht wirklich viel sind. Bei einer Vollzeitbeschäftigung mit durchschnittlich 172 Stunden/ Monat kommt man auf ein Bruttogehalt von 1.462,00 Euro. Netto macht das gerade einmal etwas mehr als 1.070 Euro. Darüber hinaus sind auch verschiedene Personenkreise vom Mindestlohn ausgeschlossen.
Von den aktuell 4,3 Millionen erwerbsfähigen Hartz IV Empfängern entfallen fast ein Drittel auf Aufstocker. Im Vergleich zu Dezember 2014 mit einem Anteil von 29,3 Prozent sank dieser Wert für Februar 2015 auf 27,8 Prozent. Aktuellere Zahlen seitens der Bundesagentur für Arbeit gibt es jedoch nicht. Wie ein Sprecherin der Bundesagentur für Arbeit erklärte, gehe die Zahl der Hartz IV Aufstocker zu Jahresende naturgemäß immer zurück, da die Beschäftigten teilweise von Winterarbeitslosigkeit betroffen seien und in den Wintermonaten statt ergänzenden Leistungen volle Hartz IV Bezüge erhalten. Wie sie gegenüber der Zeitung berichtet, sieht sie allerdings auch einen Zusammenhang mit der Einführung des Mindestlohns, da sich der Rückgang der Aufstocker stärker sei als in den Jahren ohne Mindestlohn.
Aufstocker lassen sich grundsätzlich in zwei Kategorien unterteilen, die von der Anzahl fast gleichauf liegen. Auf der einen Seite gibt es gut 593.000 Menschen, die primär Hartz IV erhalten und sich zusätzlich beispielsweise mit einem Minijob (450-Euro-Job) etwas dazu verdienen. Auf der anderen Seite gibt es 600.000 Betroffene, die hauptsächlich einer Erwerbstätigkeit nachgehen, teilweise sogar einer Vollzeitstelle, aber dennoch nicht genug haben, um das Existenzminimum und den Lebensbedarf für sich oder die Familie davon zu bestreiten.
Der Sozialpolitische Sprecher der Grünen, Wolfgang Strengmann-Kuhn, findet deutliche Worte zum Mindestlohn. „Der Mindestlohn ist richtig, aber kein Mittel zur Armutsbekämpfung“, so Strengmann-Kuhn gegenüber der „SZ“. Seiner Auffassung reiche der Mindestlohn nicht aus, weshalb dieser auch an vielen Hartz IV Aufstockern vorbeigehe.