Über Sinn und Unsinn von Hartz IV lässt sich trefflich streiten. Entscheidend dabei bleibt, welchen Effekt das Paket auf Betroffene und den Arbeitsmarkt hat. Bislang wurde Hartz IV als Teil der Agenda 2010 immer wieder über den Klee gelobt. Es soll maßgeblich dazu beigetragen haben, die Arbeitslosenzahl zu senken. Jetzt behauptet ein Wissenschaftler, dass Hartz IV die Situation eher verschlechtert hat.
Betroffene werden eingeschränkt
Der Mannheimer Ökonom Tom Krebs hat sich intensiv mit Hartz IV und den Folgen befasst. Jene, die nur kurz auf staatliche Leistungen angewiesen sind, würden kaum eingeschränkt. Wer indes länger als ein Jahr Hartz IV bezieht, spüre die Folgen. Ein Fakt: Die Reform hat dazu geführt, dass frühere Durchschnittsverdiener nur noch 45 statt 57 Prozent des einstigen Nettolohns erhalten.
Der Fokus bei der Betrachtung und Bewertung von Hartz IV liegt jedoch auf den Arbeitslosenzahlen. Seit 2005 ist die Arbeitslosenrate von elf auf vier Prozent gesunken. Dafür ist zum einen die gute Konjunktur verantwortlich. Die andere Hälfte des Erfolgs müsste dann – rein theoretisch – Hartz IV zugeschrieben werden. Davon waren Michael Krause und Harald Uhlig von der Bundesbank überzeugt. Sie schrieben 2012: „Die Abschaffung des im Prinzip unbegrenzt gezahlten einkommensorientierten Arbeitslosengeldes reduziert die Arbeitslosenrate um fast drei Prozent.“
Minimale Effekte durch Hartz IV
Mit einem solchen Wert hätte Hartz IV seine Berechtigung durchaus unterstreichen können. Aber: Die Studie geht laut neuen Erkenntnissen von falschen Voraussetzungen aus, wonach die Macht der Gewerkschaften gemindert wurde. Der Ökonom Tom Krebs widerspricht dem und betont, die Gewerkschaften hätten sich bei den Löhnen schon deutlich eher zurückgehalten. Er spricht Hartz IV, wie übrigens auch Klaus Wälde von der Universität Mainz, daher nur einen Effekt in Höhe von 0,5 Prozent auf die Arbeitslosenquote zu.
Betrachtet man die Agenda 2010 im Ganzen, inklusive der Qualifizierungen, der besseren Vermittlung und den Erleichterungen von Leih- und Zeitarbeit, käme man laut Krebs auf 3,0 Prozent. Dazu trage Hartz IV aber nur sehr wenig bei. „Fallende Stundenlöhne und gestiegene Unsicherheit verschlechtern die Lebensqualität breiter Bevölkerungsschichten“, so Krebs. „Gesamtwirtschaftlich und gesellschaftspolitisch hat Hartz IV mehr geschadet als genutzt.“ Er fordert daher unter anderem einen höheren Mindestlohn.