Wer im Hartz-IV-Karussell feststeckt und dort den langsam mahlenden Mühlen der Behörden ausgesetzt ist, kennt das unangenehme Gefühl. Andere, die in Lohn und Brot sind, können es sich nur vorstellen – und haben ganz offensichtlich Angst davor, auf das Niveau des Arbeitslosengeldes II zu sinken. Das ist eines der Ergebnisse einer Studie der Universitäten Dortmund und Bonn.
Kaum Jobs vermittelt
Die Forscher haben sich die Daten der Bundesagentur für Arbeit aus den Jahren 1993 bis 2014 näher angesehen und dabei die Erwerbsverläufe von Millionen Beschäftigten untersucht. In diesem Zeitfenster sank die Arbeitslosenzahl von elf auf sechs Prozent. Das lag, so Wirtschaftswissenschaftler Philip Jung, in erster Linie daran, dass es seit der Hartz-Reform weniger neue Arbeitslose gab. Nur in einem von vier Fällen habe die Jobvermittlung nachgeholfen, die Arbeitslosenzahl zu reduzieren. Unverändert blieb der Anteil der Langzeitarbeitslosen.
Der Erfolg der Arbeitsmarktreform beruht somit in erster Linie auf Menschen, die nicht von Arbeitslosigkeit betroffen sind. Und das vor allem aus Angst vor Hartz IV. Denn: Für einen sicheren Arbeitsplatz verzichteten viele auf ein höheres Einkommen. Oder anders ausgedrückt: Man fürchtet sich vor finanziellen Einschnitten durch den Verlust des Arbeitsplatzes und beißt daher lieber in den sauren Apfel eines schlechter bezahlten Jobs.
Mehr Arbeitslose ohne Hartz IV
Der Bonner Wissenschaftler Moritz Kuhn bringt es auf den Punkt:
„Um von einer Reform der Arbeitslosenversicherung betroffen zu sein, muss man nicht arbeitslos sein.“
Immerhin: Ohne Hartz IV läge die Arbeitslosenzahl einer Hochrechnung zufolge um 50 Prozent höher und hätte einen ähnlichen Verlauf genommen wie in Österreich. Dieser Vorteil scheint jedoch teuer erkauft mit einem Angst einflößenden Schreckgespenst namens Hartz IV.
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