Zum Inhalt springen

Hartz IV: Jobcenter muss Stromschulden übernehmen

Strom und Haushaltsenergie, die nicht mit der Warmmiete abgegolten ist, muss aus dem Regelsatz bestritten werden, dafür ist im Regelsatz ein Anteil (bei Alleinstehenden) im Bedarf für Wohnenergie von 31,94 € vorgesehen. Baut ein Hartz IV Empfänger Schulden dadurch auf, dass er die Kosten nicht mehr begleichen kann, weigerten sich die Jobcenter bisher, diese zu übernehmen, wenn sich die Energieschulden schuldhaft anhäuften. Entgegen dieser Praktik der Behörden wurde das Jobcenter Münster vom Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG) verurteilt, dem Leistungsbezieher vorläufig ein Darlehen in Höhe von 3.099,46 € zuzüglich der Kosten eines Installateuer/ Elektrikers zur Anlagenprüfung zur Tilgung von Energieschulden zu gewähren.

Der heute 55jährige Kläger, der in einer 45qm-Wohnug lebt, erhielt bereits Abschläge vom Jobcenter zur Deckung der Kosten für eine Gasheizung. Diese leitete der Hartz IV Empfänger aber nur teilweise an die Stadtwerke weiter, darüber hinaus häuften sich erhebliche Rückstände für die Stromversorgung. In der Konsequenz nahm der Energieversorger den Hartz IV Bezier vom Netz, Zählerausbau durch den Gerichtsvollzieher am 09.05.2012 inklusive.

Alle Möglichkeiten bereits ausgeschöpft

Mit der nicht-Weiterleitung der Abschläge beging der Leistungsbezieher zwar eine Pflichtverletzung, nichts desto trotz muss das Jobcenter vorläufig für die Schulden (3.099,46 €) aufkommen, da das LSG keine andere Möglichkeit sieht, den Wohnraum des Arbeitslosen wieder mit Energie zu versorgen. Der Hartz IV Empfänger hatte im Vorfeld alle Möglichkeiten ausgeschöpft, die Schulden selbst zu regulieren. Ein Vergleich mit den Stadtwerken scheiterte und auch einen Privatkredit konnte nicht realisiert werden. Aufgrund der Schulden ist auch ein Anbieterwechsel nicht möglich und Pre-paid-Stromzähler nicht verfügbar.

Jobcenter ließ Betroffenen im „Dunkeln“

Nach Ausbau der Zähler sprach der Hilfebedürftige mehrfach beim Amt vor, trotzdem weigerte sich das Jobcenter über ein Jahr lang, den Antrag zu bearbeiten. Das LSG kritisierte auch, dass es das Amt nicht einmal während des gerichtlichen Verfahrens geschafft hat, einen Bescheid zu erlassen. Auch rügte das Gericht, dass es den Jobcenter-Mitarbeitern bei der Weiterbewilligung der Leistungen nicht aufgefallen war, dass auf dem Konto des verschuldeten Hartz IV Beziehers keine Abbuchungen von den Stadtwerken zu finden waren waren.

Die Richter sehen dem Zahlungsverhalten des Klägers positiv entgegen und sind der Auffassung, dass dieser sowohl seinen Rückzahlungsverpflichtungen bezüglich des Darlehens als auch seinen sonstigen Verpflichtungen zukünftig nachkommt.

Urteil

Das Jobcenter wurde mit rechtskräftigen Beschluss vom 13.05.2013 (L 2 AS 313/13 B ER) verurteilt, die ausstehenden Kosten unmittelbar an den Antragsgegner sowie die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten zu tragen.

Vorinstanz: Sozialgericht Münster – S 5 AS 832/12 ER