Den Reformbedarf bei Hartz IV sehen nahezu alle Parteien. Insbesondere die Höhe der Regelsätze wird immer wieder moniert. Doch es gibt auch eine andere Sichtweise, laut der die Leistungen für Hartz IV Bedürftige viel zu hoch sind. Die „Bild“-Zeitung veröffentlichte jetzt ein solches Beispiel – ausgerechnet von jemandem, der selbst auf Grundsicherung angewiesen ist.
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Vom Luxus in den Knast zu Hartz IV
Der Mann (55) aus Berlin war Versicherungs- und Immobilienmakler, verdiente eine Viertelmillion im Jahr. Dann rastete er aus, landete im Knast, hat inzwischen einen Schwerbehindertenausweis und ist Hartz IV bedürftig. Ein tiefer Fall. Und trotzdem sagt Sven W. gegenüber der „Bild“-Zeitung:
„Hartz ist viel zu hoch, 446 Euro im Monat viel zu viel.“
260 Euro reichen
Obwohl er Luxus gewohnt ist und teure Autos besaß, kommt der Mann für sich laut eigener Aussage mit rund 260 Euro im Monat aus. Manchmal reichten auch 200 Euro. Hinzu kommen die Ausgaben für seine beiden Katzen. Sein Fazit zur Grundsicherung:
„Kein Wunder, dass niemand mehr arbeiten gehen will.“
Dank Hartz IV als Schmarotzer abgestempelt
Kein Anreiz zur Arbeit
Die Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen oder auch nur nach einer Anpassung der Hartz IV Regelsätze, kann Sven W. nicht nachvollziehen.
Warum? „Dann hat doch niemand mehr einen Anreiz, arbeiten zu gehen“, sagt er.
Interessant dazu dieser Erfahrungsbericht: Positive Erfahrung mit bedingungslosem Grundeinkommen
Spartipps für Hartz IV Bedürftige
Um die Aussagen zu untermauern, präsentiert die „Bild“-Zeitung Spar-Tipps. Sven W. schlägt vor, nur noch einmal die Woche zu duschen und ansonsten den Waschlappen zu nehmen. Zudem möge man Buch über die Ausgaben führen. Das lässt sich noch angehen.
Keine Heizung im Winter
Andere Vorschläge wiederum entsprechen nicht einmal ansatzweise der Lebenswirklichkeit. Die Heizung im Winter nicht einzuschalten und eine gut isolierte Wohnung zu nehmen, dürfte für die meisten Hartz IV Bedürftigen kaum möglich sein. Denn bezahlbarer Wohnraum ist knapp und oft – um es vorsichtig auszudrücken – „altbacken“, also mit älteren Fenstern und ohne moderne Isolierung. Da wird es dann ohne Heizung, wenn sie denn überhaupt funktioniert, richtig kalt.
Mit Hartz IV ist Wohnraum selbst auf dem Land knapp
Stromspar-Geräte kaufen
Gleiches gilt für den Hinweis auf Stromspar-Geräte. Viele Hartz IV Bedürftige nutzen Geräte, bis sie den Geist aufgeben. Denn mal eben etwas neu zu kaufen, ist nur schwer möglich – was auch Rentner und Arbeiter im Niedriglohnsektor betrifft. Zum Hinweis, man könne vom Ersparten Laminat-Fußboden kaufen, erübrigt sich jedes Wort.
Hartz IV Klischees bedient
Mit einem anderen Tipp bedient die „Bild“-Zeitung ein typisches Hartz IV Klischee. Man möge gleich mehrere Packungen Chips kaufen, wenn sie im Angebot sind. Und Bier kauft Sven W. nur in der 1,5 Liter-Flasche von einem polnischen Hersteller für 1,69 Euro. Chips und Bier – plumper geht es nicht.
Ernährungstipps mit Chips und Bier? Das bestätigt: Hartz IV reicht nicht für eine gesundheitsförderliche Ernährung – Mangelernährung – Hartz IV macht krank
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