Dass sich Hartz IV Leistungsempfänger in nahezu jeder Lebenslage einschränken müssen, ist leider traurige Realität. Aber wie weit reicht der Einfluss der Jobcenter und Gerichte in die private Lebensführung?
Im vorliegenden Sachverhalt ging es um einen Hartz IV Leistungsbezieher, der laut Pressemitteilung des Sozialgerichts „hobbymäßig“ als Heißluftbalon-Sportpilot aktiv war.
Der heute 59-Jährige hatte die Ausbildung zum Heißluft-Sportpiloten vor dem Bezug von Hartz IV begonnen und rutschte dann in den Leistungsbezug. Daraufhin wurde mit dem Jobcenter in einer Eingliederungsvereinbarung zusammen mit dem Betroffenen vereinbart, dass das Fortführen der Ausbildung zum Heißlufbalon-Sportpiloten als Qualifikation erfolgt – was auch so geschehen ist. Über die Kosten wurde keine Vereinbarung getroffen, daher hatte der Mann aus eigener Tasche etwa 8.500 Euro selbst finanziert. Dass es sich bei der Ausbildung um eine mit dem Jobcenter vereinbarte Qualifizierungsmaßnahme handelte, wird vom Gericht in der Pressemitteilung nicht erwähnt.
Für den strittigen Zeitraum gab er an, im letzten halben Jahr Einnahmen als Heißluftbalon-Pilot in Höhe von 14.615,00 Euro erzielt zu haben. Im selben Zeitraum aber auch 13.811,50 Euro Ausgaben, um diese Tätigkeit auszuüben. Insgesamt also ein, die Hilfebedürftigkeit reduzierenden Überschuss von 803,50 Euro.
Ob es sich um eine gewerbliche Tätigkeit handle, hat das Sozialgericht in dieser Verhandlung nicht geprüft, da es nach Angaben des Gerichts keinen Einfluss auf die Entscheidung habe.
Sozialgericht wertet nur die Einnahmen
In seiner Verhandlung berücksichtigten die Sozialrichter nur die Einnahmen von 14.615,00 Euro aus dem Hobby zur Hartz IV Leistungsermittlung, die Ausgaben hingegen wurden nicht abgezogen. Damit steht der Leistungsempfänger vor dem Problem, dass ihm statt 803,50 Euro nun 14.615,00 Euro als Einkommen zugerechnet werden.
Der betreffende Kläger wurde, zumindest aus seiner Sicht, somit einerseits der Eingliederungsvereinbarung ebenso gerecht, als auch und insbesondere der allgemeinen Verpflichtung eines jeden nach SGBII berechtigten Hilfebeziehers, jedwede Möglichkeit zu nutzen, die Hilfebedürftigkeit als solche nach allen Möglichkeiten zu minimieren. Hierbei ist aus der Sicht des Klägers unrelevant, ob es sich um eine „hobbymäßige“ oder gewerbliche Tätigkeit handele oder gar als vereinbarte Qualifikationsmassnahme einzustufen wäre.
Zur Begründung verwies das Gericht auf § 3 Abs. 3 Alg II-V, wonach tatsächliche Ausgaben nicht abgesetzt werden können, sofern diese nicht ganz oder teilweise vermeidbar seien oder nicht den Lebensumständen eines Beziehers der Grundsicherung entsprechen. Zwar sehe der Hartz IV Regelsatz auch Bedarfe für die Ausübung eines Hobby vor, jedoch seien die Kosten des Klägers mit 2.000 Euro monatlich zu hoch und würden nicht den Lebensumständen eines Leistungsempfängers entsprechen.
Auch wenn das Gericht die Balonfahrten als Gewerbe ansehen würde, könnten dennoch die Ausgaben nicht berücksichtigt werden, da gegen den Hartz IV Empfänger ein Gewerbeverbot ausgesprochen wurde. Die Ausgaben für eine nicht erlaubte Ausübung eines Gewerbes seien nicht mit § 3 Abs. 3 Alg II-V vereinbar, denn schließlich sei es nicht im Interesse des Steuerzahlers, unerlaubte Tätigkeiten zu fördern, so das Sozialgericht in seiner Entscheidung.
Sozialgericht Halle vom 18.10.2016 – Az.: S 17 AS 1033/14 (noch nicht rechtskräftig und vor dem LSG anhängig)