Zum Inhalt springen

Forderung: Einkommen bis 450 Euro ganz auf Hartz IV Leistung anrechnen

Der Deutsche Gewerkschaftsbund fordert, Armut wirksamer zu bekämpfen. Die Rezepte der Parteien reichen vom höheren Mindestlohn bis hin zum bedingungslosen Grundeinkommen oder zumindest einem Hartz IV ohne Sanktionen. All dem kann Holger Schäfer, Arbeitsökonom beim Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) nichts abgewinnen. Im Gegenteil: In einem Interview mit der „taz“ fordert er eine strengere Gangart bei Hartz IV.

Hinzuverdienstgrenzen neu regeln

Der Grundtenor des Ökonomen: Menschen zur Arbeit motivieren. Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Doch setzt Holger Schäfer weniger auf „sanfte“ Methoden, sondern eher auf die grobe Daumenschraube. Ginge es nach ihm, würden Hinzuverdienstmöglichkeiten komplett neu geregelt – zulasten der Hartz IV Bedürftigen.

Hartz IV Reform: Bundesrat beschließt höhere Hinzuverdienstgrenzen

100 Euro Grundfreibetrag

Zur Information: Aktuell beträgt der Grundfreibetrag, bis zu dem das Einkommen nicht auf die Hartz IV Leistungen angerechnet wird, 100 Euro. Bis zu einem Betrag von 1.000 Euro sind lediglich 20 Prozent anrechnungsfrei. Darüber bleibt noch weniger.

Freibetrag erst ab Minijobgrenze

Das Institut der Deutschen Wirtschaft fordert indes, „das Erwerbseinkommen bis zur Minijobgrenze (Anmerkung: 450 Euro) oder etwa in diesem Bereich zu 100 Prozent auf die Transferleistung anzurechnen“. Erst bei höheren Einkommen soll es Freibeträge geben.

„Damit würde mehr Anreiz geschaffen, statt einem Minijob etwa eine Stelle mit 30 Wochenstunden oder mehr anzutreten“, so Holger Schäfer.

Sorge vor mehr Aufstockern

Der Gedanke, die Erwerbsfreibeträge generell zu erhöhen, birgt aus Sicht des Ökonomen die Gefahr, dass weit mehr Menschen Anspruch auf ergänzende Hartz IV Leistungen hätten. Bei höheren Freibeträgen seien unter Umständen sogar Personen mit einem Bruttogehalt von 2.000 Euro berechtigt, aufzustocken. Das könne nicht das Ziel sein.

Milliarden für Hartz IV Aufstocker: Niedriglöhne sprengen Sozialstaat

Sanktionen müssen sein

Klare Kante zeigt Holger Schäfer auch bei Hartz IV Sanktionen, die aus Sicht vieler Parteien abgeschafft werden sollten.

„Ohne Sanktionen würden Elemente eines bedingungslosen Grundeinkommens in die Leistung des Arbeitslosengeldes II einfließen“, warnt der Ökonom.

Die Gesellschaft sei jedoch so konzipiert, dass jeder für sich verantwortlich sei.

Grundeinkommen ist „völliger Blödsinn“: BA-Chef schießt gegen Hartz IV Ersatz

Hartz IV Bedürftige schulden Gegenleistung

Nur wer nicht in der Lage sei, für sich selbst zu sorgen, habe „Anspruch auf solidarische Unterstützung“. Selbst dann gelte:

„Was die Empfänger dieser Leistung schulden, ist im Wesentlichen das erkennbare Bemühen, künftig ohne diese Leistung auszukommen.“

Wissenschaftler: Hartz IV Sanktionen müssen bleiben

Eine solche Gegenleistung werde von der Gesellschaft als gerecht angesehen. Zudem sollte man beachten:

„Eine Abschaffung der Sanktionen würde den Jobcentern jede Handhabe nehmen, eine Aktivierung der Leistungsempfänger voranzubringen.“

Bildnachweis: wavebreakmedia / shutterstock.com