Das Bürgergeld wird mehr und mehr zur Bewährungsprobe für die Ampelkoalition. Wie von Anfang an zu befürchten war, kristallisieren sich zwei Lager heraus, die völlig unterschiedliche Ansichten dazu haben, wie man Hartz IV in das geplante Bürgergeld umwandeln kann. SPD und Grüne auf der einen Seite planen mit knapp 50 Euro mehr. Die FDP wiederum hält die aktuelle Fortschreibung der Regelsätze für völlig ausreichend.
Streit ums Geld
Dass ein Gewitter am politischen Horizont aufzieht, wurde bereits Anfang Juni deutlich. Da hatte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) erstmals eine grobe Fahrtrichtung für das Bürgergeld als Hartz IV Ersatz vorgegeben. Demnach rechnet er mit etwa 40 bis 50 Euro, also knapp zehn Prozent mehr.
Widerspruch von der FDP
Diesem Vorschlag widersprach FDP-Parteichef Christian Lindner umgehend. Das Bürgergeld dürfe nicht als „Ausweitung sozialer Umverteilung“ verstanden werden, hatte er seinerzeit erklärt. Stattdessen plädiert er – wie schon jetzt im Hartz IV System – für einen reinen Inflationsausgleich.
Die Vorschläge der Grünen
Seitens der Grünen gibt es (noch) keine einheitliche Richtung. Parteivorsitzende Ricarda Lang schließt sich dem Vorschlag von Hubertus Heil an und fordert 50 Euro mehr. Sie betonte, dass man nicht am Sozialen spare. Der Fraktionsvize Andreas Audretsch wiederum möchte einen Kostenpuffer in Höhe von zehn Prozent plus die reguläre Anpassung bei Hartz IV bzw. dem künftigen Bürgergeld.
Erneut Widerspruch der FDP
An der Meinung von Christian Lindner hat sich seither nichts geändert. Er ist nach wie vor gegen eine solche Erhöhung der Regelsätze. Die Politik auf Pump müsse beendet und Wohlstand wieder verdient und nicht einfach nur verteilt werden.
Damit reagiert Lindner vor allem auf die Aussage von Ricarda Lang, die eine Aussetzung der Schuldenbremse auch über 2023 hinaus ins Spiel bringt, um den „Herausforderungen unserer Zeit gerecht zu werden“. Zur Information: 50 Euro mehr Hartz IV bedeuten knapp 2 Milliarden Euro Mehrausgaben.
Quo vadis Bürgergeld?
Damit bewahrheitet sich einmal mehr: Viele Köche verderben den Brei. Drei Parteien und zwei Ansätze unter einen Hut zu bringen, wird kein leichtes Unterfangen. Schlimmstenfalls ist der kleinste gemeinsame Nenner dann die simple Umetikettierung von Hartz IV zu Bürgergeld, ohne dass sich wirklich etwas ändert – zumindest mit Blick auf die finanziellen Herausforderungen der Betroffenen.
Blick ins Wahlprogramm
Der FDP sei an dieser Stelle ein Blick ins eigene Wahlprogramm empfohlen:
„Die Grundsicherung muss unbürokratischer, würdewahrender, leistungsgerechter, digitaler und vor allem chancenorientierter werden“,
steht dort. Die Würde zu wahren, heißt auch, die nackte Existenzangst angesichts steigender Preise ernst zu nehmen.
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