Das Bundessozialgericht hat in einem aktuellen Urteil entschieden, dass eine jahrelange Kürzung der Hartz IV Leistungen um 30 Prozent monatlich nicht rechtswidrig sei und auch nicht gegen das Grundrecht auf menschenwürdiges Existenzminimum verstoße.
Das höchste deutsche Sozialgericht hatte sich am Mittwoch den 09. März 2016 mit dem Thema zu befassen, ob eine Kürzung der Hartz IV Leistungen über einen Zeitraum von drei Jahren mit monatlich jeweils 30 Prozent der Regelleistung gegen das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum verstoße. Dabei kamen die Kassler Sozialrichter zu dem Schluss, dass diese Praxis des Jobcenters nicht rechtswidrig sei, und dass das Existenzminimum trotz Kürzung gewahrt sei. Bei zusätzlichen Ausgaben für größere Anschaffungen, beispielsweise Haushaltsgeräte, stünden Hartz IV Empfängern zusätzliche Zuschüsse zu.
Jobcenter fordert 8.350 Euro Hartz IV zurück
Im verhandelten Streitfall ging es um einen Arbeitslosen aus Osnabrück, der bereits seit dem Jahr 2005 Hartz IV Leistungen bezieht. Im Jahr 2007 bezog er zusätzlich ein Einkommen, hatte diese Tatsache aber gegenüber dem Jobcenter verschwiegen. Nachdem dieser Umstand dem Jobcenter bekannt wurde, landete der Fall vor Gericht und der Leistungsbezieher wurde vom Amtsgericht Osnabrück rechtskräftig wegen Betruges verurteilt. Zusätzlich forderte das Jobcenter die zu viel erbrachten Leistungen zurück, insgesamt 8.350 Euro.
Da der Hartz IV Leistungsempfänger diesen Betrag nicht aufbringen konnte, verrechnete das Jobcenter die ausstehende Rückzahlung mit der monatlichen Regelleistung und kürzte diese um monatlich 30 Prozent. Gemäß der gesetzlichen Bestimmungen des SGB II (§ 43 SGB II) ist das Jobcenter zur Aufrechnung über einen Zeitraum von drei Jahren berechtigt. Bei aktuellen Hartz IV Regelsatz von 404 Euro bedeutet dies eine Kürzung von 121,20 Euro monatlich, so das dem Betroffenen nur noch 282,80 Euro für die Lebensführung bleiben.
Klage des Betroffenen erfolglos
Der Hartz IV Leistungsbezieher räumte den Betrug zwar ein, wollte eine Kürzung der Hartz IV Leistungen dennoch nicht hinnehmen. So argumentierte er durch alle Instanzen der Sozialgerichte, sein Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum wäre durch die Aufrechnung nicht gewahrt. Schließlich landete der Fall bei Deutschlands obersten Sozialrichtern, die jedoch im Revisionsverfahren ebenfalls die Entscheidungen der Vorinstanzen bestätigten.
Kürzung verstößt nicht gegen das Grundgesetz
Nach Auffassung der Kasseler Sozialrichter sei die gesetzliche Möglichkeit, Hartz IV Leistungen um 30 Prozent zu kürzen, mit dem Grundgesetz vereinbar. Das Bundessozialgericht erklärte, dass der Staat zwar verpflichtet sei, ein gesetzliches Existenzminimum zur Verfügung zu stellen, gleichzeitig bestehe aber auch die Möglichkeit, Leistungen bei Zuwiderhandlungen zu verringern. Schließlich stehe es in der Eigenverantwortung der Leistungsempfänger, Hartz IV Kürzungen zu vermeiden. In diesem Fall ist der Kläger seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen und wurde zu Recht wegen Betruges verurteilt.
Weiter räumte das Gericht ein, dass dem Leistungsempfänger durch die Kürzung der Leistungen weniger finanzielle Mittel zur Verfügung stehen würden und Ansparungen für größere Anschaffungen nicht möglich seien. Für solche Fälle hätten Hartz IV Empfänger jedoch die Möglichkeit, für zweckbestimmte Bedarfe zusätzliche Zuschüsse zu beantragen. Dieser Umstand reiche ausgleichend aus, „um verfassungsrechtlich nicht hinnehmbare Härten im Einzelfall zu begegnen“, so das Bundessozialgericht.
Bundessozialgericht vom 09.03.2016 – Az.: B 14 AS 20/15 R
Vorinstanz: LSG Niedersachsen vom 03.07.2014 – L 15 AS 377/13