Ist Urlaub ein Grundrecht oder reiner Luxus? Linken-Chefin Katja Kipping setzt sich jedenfalls dafür ein, dass auch in finanziell schwachen Familien einmal jährlich ein Erholungsurlaub möglich sein sollte und schlug hierfür eine Art Gutschein vor, deren Höhe sie bei 500 Euro angemessen hält.
Gerade in der Sommerzeit wird der Unterschied zwischen arm und nicht arm sehr deutlich. Kinder bekommen dies in der Schule zu spüren, wenn ihre Klassenkameraden über den verbrachten Urlaub erzählen. Für viele Familien ist dies finanziell aber nicht drin, so dass die Ferienzeit zu Hause verbracht werden muss. Daher sprach sich Katja Kipping im Interview mit der „Welt am Sonntag“ für Urlaubshilfen aus: „Alle Menschen mit niedrigem Einkommen, also Sozialleistungs- und Wohngeld-Berechtigte, sollten Gutscheine erhalten, die sie für Urlaubsreisen einlösen können.“
Kipping hält eine Summe von 500 Euro jährlich pro Familie für angemessen, die ihrer Ansicht nach beispielsweise in Jugendherbergen, Reisebüros oder für Bahnfahrkarten eingelöst werden könnten. „Kindern sollten wir grundsätzlich anbieten, zwei Wochen kostenfrei Urlaub im Ferienlager oder in Ferienfreizeiten zu machen“, so die Vorsitzende der Linkspartei.
Höherer Hartz IV Satz für Kinder
In der Politik stößt Kippings Vorschlag mit der Gutscheinlösung auf geteilte Ansichten. Positiv wird die Idee von den Grünen aufgenommen, die diese jedoch ausweiten würden und ein größeres Gesamtkonzept fordern. „Es ist eine Gerechtigkeitsfrage, dass auch Kinder aus armen Familien mal rauskommen, neue Erfahrungen machen, etwas Neues erleben“, erklärte Katja Dörner, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen. Gleichzeitig stellte Dörner klar, dass es keine Flickenschusterei geben darf sondern ein schlüssiges Gesamtkonzept zur Bekämpfung der Kinderarmut her muss. In erster Linie sieht die Grünen-Fraktionsvorsitzende hier Handlungsbedarf bei der Bundesregierung, die den Hartz IV Satz für Kinder deutlich anheben muss.
Auch die CDU ist für eine Verbesserung der Situation für Kinder. „Grundsätzlich ist es wichtig, dass gerade Kinder aus sozial und finanziell schwachen Familien ausreichend Erholung auch von ihrem schwierigen Lebensumfeld bekommen“, so der familienpolitische Sprecher der CDU, Marcus Weinberg. Vordergründig sollten hier aber seiner Meinung nach die bestehenden Angebote der Kinder- und Jugendhilfe weiter ausgebaut. „Ergänzend bräuchten wir aber auch verstärkte Anreize für die Schaffung kostengünstigerer Erholungsangebote“, Weinberg weiter. Die Idee mit den Gutscheinen hält er allerdings für eine „sozialistische Einheitsbeglückung durch den Staat“. Die Forderung des Politikers: „Statt pauschalem Urlaubs-Kollektivismus brauchen wir abgestufte Unterstützungs- und Förderangebote für Familien in schwierigen Situationen.“
Paritätischer Wohlfahrtsverband warnt vor „Gutscheinmurks“
Auch der Paritätische Wohlfahrtverband ist sich einig, dass bessere Urlaubsmöglichkeiten für Kinder angeboten werden. Dabei spricht der Verband vor allem die örtlichen Jugendverbände an, die Freizeitfahrten und Ferienreisen anbieten müssten, bei denen kein Kind nur aus finanziellen Gründen ausgeschlossen bleibe, so der Verbandschef Ulrich Schneider im Interview. Vor Gutscheinen warnt Schneider allerdings und verweist auf das bestehende Bildungs- und Teilhabepaket. Stattdessen muss vor Ort über die Förderung entschieden werden. Auch für Erwachsene seien 500-Euro-Gutscheine seiner Meinung nach wenig zielführend und nannte als Alternative den Ausbau der bestehenden Angebote über das Müttergenesungswerk sowie Mutter-Kind-Kuren.