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Ignoranz prägt das Bürgergeld

Politiker sitzt mit dem Rücken zum Betrachter und hält sich die Ohren zu

Sie reden gerne, hören aber nicht zu – zumindest nicht denen, die betroffen sind oder aus der Praxis heraus um die Probleme wissen. Das nennt man gemeinhin Ignoranz. Besonders ausgeprägt ist sie beim Bürgergeld. Von Anfang an ließ die Ampel Warnungen und Kritik an sich abprallen und machte sich nicht einmal die Mühe, die Zwischenrufe in den Wind zu schießen. Dafür hätte man sich aktiv mit anderen Meinungen auseinandersetzen müssen. Doch das ist schon zu viel verlangt.

Selbst die BA äußerte Kritik

Dass ausgerechnet die Bundesagentur für Arbeit (BA) zu den Ersten gehörte, die sich kritisch zu den Bürgergeldplänen äußerten, sagt schon einiges aus. Seinerzeit ging es um den zeitlichen Ablauf und die Tatsache, dass eine termingerechte Umsetzung ab Tag x nicht mehr möglich sei.

Schnell statt gründlich

Die Warnung wurde weitgehend ignoriert. Und als es dann zu spät war, zerschnitt man die Reform kurzerhand in zwei Teilschritte. Hauptsache, die eigene Vorstellung von der schnellen Einführung des Bürgergelds und damit das Ende von Hartz IV wurde realisiert. In dem Fall auf Kosten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Jobcenter, denen kaum Zeit blieb, sich mit den Neuerungen vertraut zu machen.

Regelsatz: Augen zu und durch

Besonders stur und ignorant zeigt sich die Ampel beim Thema Geld. Statt die Chance für einen echten Neuanfang zu nutzen, ergänzte man die Anpassung der Regelsätze lediglich mit der erweiterten Fortschreibung. Damit soll auch jüngere Entwicklung bei Preisen und Löhnen in das Bürgergeld einfließen.

Anpassung ignoriert die Inflation

„Die geplante Anhebung ist zu gering“, mahnte der Sozialverband Deutschland mit Blick auf die Inflation bereits Ende 2022, als die Teuerung bei Lebensmitteln längst die 20-Prozent-Marke überschritten hatte. Gefordert wurden daraufhin für einen Single 650 Euro, später 725 Euro – aktuell müssten es nach unseren Berechnungen über 800 Euro sein. Auch ein Zuschlag von 100 oder 200 Euro war im Gespräch. Beides wurde, immerhin mit Hinweis auf die Neuerungen, gar nicht erst in Betracht gezogen.

Inflation bricht Bürgergeld-Empfängern das Genick

Armut greift um sich

Die Folgen des Nichtstuns: Die Tafeln und andere Hilfsorganisationen schlagen Alarm. Interessiert die Ampel aber nicht. Vereinzelt spendiert ein Landesvater ein paar Euro extra für die Tafeln. Doch bei über zwei Millionen Menschen, die mittlerweile auf Lebensmittelspenden angewiesen sind, sollte man hellhörig werden und das Armutsproblem in Deutschland nicht länger ignorieren.

Festhalten an Sanktionen

Zuletzt: Ganz tief in den Ohren stecken die Finger, wenn man die Sanktionen anspricht, die mit dem Bürgergeld in Leistungsminderungen umbenannt wurden. Wissenschaftliche Argumente, die den Nutzen und die Sinnhaftigkeit der Kürzungen infrage stellen, will man gar nicht hören. Die Strategie dahinter: Indem man Härte zeigt, hält man Wähler bei Stange und das Klischee vom faulen Bürgergeld Bedürftigen aufrecht.

Bürgergeld ist ein Schritt zurück

Weder beim Einführungstermin noch bei der Umsetzung hat sich die Ampel beirren lassen. Sie ist ihren Weg gegangen und verkauft das Bürgergeld als großen Schritt. Die Frage ist, in welche Richtung. Weil man alle Warnungen und Hinweise ignoriert hat, ist es eher ein Schritt zurück und damit Zunder für einen Flächenbrand namens Armut.