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Dank Bürgergeld und Mini-Rente: 20-mal mehr Bedürftige bei der Arche

Bürgergeld Bedürftige stehen in der Schlange zur Essensausgabe Tafel Arche

Wie tief Armut inzwischen in der Bevölkerung verwurzelt ist, beweist ein Blick auf die Schlangen, die sich regelmäßig bei den Tafeln und bei der Arche bilden. 300 Meter waren es am Wochenende in Berlin-Hellersdorf. Das ist nicht allein auf den Krieg in der Ukraine zurückzuführen, sondern in erster Linie auf die hohen Lebensmittelpreise. Sie zwingen Menschen, die auf Bürgergeld angewiesen sind oder nur eine kleine Rente haben, stundenlang für Brot und Co. anzustehen.

Statt 50 stehen 1.000 Familien Schlange

Welche Dimensionen die Hilfsbedürftigkeit allein in der Bundeshauptstadt angenommen hat, erklärte der Gründer der Arche, Pastor Bernd Siggelkow, gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND):

„Vor einem Jahr hatten wir 50 Familien, die sich hier Lebensmittel abgeholt haben. Allein heute rechnen wir mit 1.000 Familien.“

Das sind 20-mal mehr Bedürftige oder ein Anstieg um 2.000 Prozent.

Hunger wird wieder zum Problem

Das RND zieht daraus einen durchaus treffenden Schluss: Die Pandemie scheine vorbei zu sein, doch Hunger werde für arme Familie wieder zum Problem. Das bestätigen auch die jüngsten Zahlen. Laut Kinderschutzbund lebt inzwischen mehr als jedes dritte Kind von Bürgergeld. Damit ist Kinderarmut nicht nur ein Wort, sondern längst Realität.

Altersarmut nimmt zu

Hinzu gesellt sich die Altersarmut, auf die unter anderem die Fraktion der Partei „Die Linke“ aufmerksam macht. Die Daten des Statistische Bundesamtes zeigen eine deutliche Zunahme bei Rentnern in Grundsicherung: Sie ist von 2021 zu 2022 um zwölf Prozent gestiegen. Daher fordert die Linksfraktion unter anderem eine Erneuerung des Rentensystems.

Preissteigerungen lassen sich nicht mehr stemmen

Kurzum: Kinder- und Altersarmut sowie die zu knapp berechneten Bürgergeld Regelsätze sorgen bei den Tafeln und der Arche für einen nie dagewesenen Zulauf. Denn Preissteigerungen bei Lebensmitteln um teils 69 Prozent wie beim Öl oder 56 Prozent beim Mehl lassen sich nicht mal eben von einer Mini-Rente oder 5,81 Euro, die einem Single beim Bürgergeld täglich für Nahrungsmittel zustehen, stemmen.

Die Schamgrenze fällt

Bernd Siggelkow, der eifrig Pakete mit haltbaren Lebensmitteln verteilt, kennt die Folgen der Teuerung. Die Schamgrenze falle. Früher hätten Menschen gesagt, sie gingen nicht zur Arche. Das sei jetzt vorbei. „Der Druck ist immens gestiegen“, so der Arche-Gründer. Und er warnt: Die Situation werde immer angespannter. Statt sich – wie früher – nur um die Kinder zu kümmern, versorge die Arche jetzt auch die Eltern.

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So kann es nicht weitergehen

Betroffen seien Menschen jeder Herkunft. Und dann macht sich Bernd Siggelkow Luft:

„So kann es nicht weitergehen.“

Nötig sei eine Preisbremse für Grundnahrungsmittel. Hier müsse die Politik kontrollieren oder subventionieren. Dieser Wunsch steht schon länger zur Debatte und gewinnt angesichts einer Allianz-Studie an Brisanz, wonach vor allem Lebensmittelkonzerne „hungrig nach Profiten sind“ und eifrig an der Preisschraube gedreht hätten.

Bild: Gena Melendrez/ shutterstock.com