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Wurden Hartz IV Bedürftige zu Coronazeiten benachteiligt?

Mann krank mit Maske auf Sofa sitzend

Hohe Kosten, die nicht durch den Regelsatz und auch nur bedingt durch den Corona-Zuschuss in Höhe von 150 Euro gedeckt waren: Masken, Desinfektionsmittel und Co. waren für viele Hartz IV und armutsbetroffene Haushalte eine echte Belastung während der COVID-Pandemie. Deshalb sind gleich mehrere Klagen eingereicht worden. Eine davon geht jetzt vor das Bundessozialgericht. Die Tatsache, dass Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, beweist: Die Klage hat durchaus Aussicht auf Erfolg.

150 Euro Corona-Zuschuss

Darauf macht Rechtsanwalt Thomas Eschle aus Stuttgart aufmerksam. Er wurde der Nichtzulassungsbeschwerde unter dem Aktenzeichen B 4 AS 36/23 zugeordnet. Die entscheidende Frage, die das Gericht zu klären haben wird: Reichte die einmalige Pauschale von 150 Euro für Hartz IV Bedürftige (jetzt Bürgergeld) über den Regelbedarf hinaus für Masken und den Hygiene-Mehrbedarf aus oder wurde das Existenzminimum möglicherweise unterschritten?

Hilfe basierte nicht auf wissenschaftlichen Erkenntnissen

150 Euro hatte die damalige Regierung von CDU/CSU und SPD allen zugestanden, die im Mai 2021 Anspruch auf Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld hatten. Dieser Betrag habe aber, so der Anwalt, nicht auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basiert, sondern sei „willkürlich“ festgelegt worden. Berücksichtigt werden müsse hierbei, dass die Bevölkerung zur Wahrung der Hygiene zu kostenträchtigen Maßnahmen aufgefordert worden sei.

Landessozialgericht lehnte Forderung ab

Die Klage, die unter dem Az.: B 4 AS 36/ 23 an das Bundessozialgericht geht, wurde von einem Mann eingereicht, der zusätzlich zum Corona-Zuschuss 1.677 Euro fordert. Prozesskostenhilfe wurde bereits vom Bundessozialgericht bewilligt, was bedeutet, dass das Verfahren durchaus Aussicht auf Erfolg hat. Der Betroffene leidet an Hypotonie und weiteren chronischen Erkrankungen. Vor dem Landessozialgericht Baden-Württemberg (Aktenzeichen L 12 AS 1567/22) war der Mann mit seiner Forderung gescheitert. Dort hatte man sich auf eine alte Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes aus dem Jahr 2014 berufen.

Kein Gutachten erstellt

Aus Sicht von Thomas Eschle hat das Landessozialgericht es versäumt, die tatsächlichen Mehrkosten auf wissenschaftlicher Basis ermitteln zu lassen (gemäß § 106 SGG). Das gelte umso mehr, weil der Kläger seine erheblichen Mehrkosten hinreichend dargelegt und überdies einschlägige Arztatteste vorgelegt habe. Dem LSG wäre es zumutbar gewesen, ein Gutachten in Auftrag zu geben.

Wegweisendes Urteil

Jetzt wird sich das Bundessozialgericht mit dem Thema befassen. Hier sind zwei Wege denkbar. Das Gericht kann dem Kläger den geforderten Betrag oder einen Teil davon zugestehen. Oder der Fall geht zurück an das Landessozialgericht, damit der tatsächliche Bedarf ermittelt wird. In jedem Fall wird das Verfahren für alle relevant sein, die ebenfalls geklagt haben.

Bild: illpaxphotomatic/ shutterstock.com

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