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Gratis „weiße Ware“ für Münchens Bürgergeld Empfänger

Waschmaschinen und Kühlschränke auf Verkaufsfläche

Normalerweise unmöglich, wenn man auf Bürgergeld oder Sozialhilfe angewiesen ist: Mal eben den alten, energiefressenden Kühlschrank gegen ein neues, effizienteres Gerät auszutauschen. Das weiß auch die Stadt München. Das Sozialreferat hat deshalb die Energiesparmaßnahme „Weiße Ware“ ins Leben gerufen und ersetzt bei Betroffenen kostenlos bis zu zwei Geräte. Ziel: Die Ausgaben für Haushaltsstrom spürbar zu drosseln, indem man Energie einspart.

Stromspar-Check von Profis

Die Aktion fußt auf zwei Säulen. Bürgergeld-Empfänger (SGB II) und alle, die Sozialhilfe beziehen (SGB XII) erhalten einerseits eine Energieberatung. Schon mit dieser Maßnahme und den Tipps der Profis lassen sich oftmals einige Kilowattstunden Strom sparen. Der bundesdeutsche Caritas Stromspar-Check geht von rund 475 Kilowattstunden aus, die nach einer Beratung weniger verbraucht werden. Macht unter dem Strich etwa 190 Euro im Jahr.

Trotz Preisbremse: Stromkosten belasten Bürgergeld-Haushalte extrem

Weg mit den Stromfressern

Entscheidend aber bei der Energiesparmaßnahme „Weiße Ware“: der Austausch von bis zu zwei alten Haushaltsgroßgeräten. Denn, betont die Sozialreferentin der Stadt München, Dorothee Schiwy, gegenüber „Bild“: Kosteneinsparungen seien gerade für einkommensschwache Haushalte besonders wichtig. Und sparen lässt sich mit neuen Geräten. Auch hierzu nennt die Caritas Zahlen. Nach Beratung und Gerätetausch blieben 300 Euro mehr im Portemonnaie. Das entspricht 750 Kilowattstunden.

Regelsatz ist zu niedrig

Die Maßnahme sei ein kleiner, aber wichtiger Schritt, so Dorothee Schiwy. Sie macht keinen Hehl daraus, dass die Rahmenbedingungen für Bürgergeld-Empfänger alles andere als rosig sind.

„Wir tragen damit dem Umstand Rechnung, dass die in den Regelsätzen enthaltenen Pauschalen für Haushaltsstrom und für die Neuanschaffung von Geräten nach wie vor viel zu gering sind“,

sagte sie der „tz“.

Bürgergeld mit diesen Tricks kleingerechnet – 725 Euro plus Strom anstatt 502 Euro

So viel sieht der Gesetzgeber vor

Aktuell sind im Bürgergeld Regelsatz für einen Single mit 502 Euro monatlich 30,57 Euro für den Posten „Innenausstattung, Haushaltsgeräte und -gegenstände, laufende Haushaltsführung“ vorgesehen. Gräbt man ein wenig tiefer, so kann man nachlesen, mit wie viel die Bundesregierung für die Neuanschaffung bzw. Ersatz bestimmter Haushaltsgeräte rechnet. So entfallen monatlich:

  • Waschmaschine: 1,83 Euro
  • Kühlschrank/ Gefrierschrank: 1,92 Euro
  • sonstige große Haushaltsgeräte: 0,98 Euro

Für eine günstige, nicht unbedingt stromsparende Waschmaschine im Wert von 199 Euro müsste ein Hilfebedürftiger nach den aktuellen Zahlen fast 109 Monate sparen. Für einen kleinen Kühlschrank im Wert von 149 Euro, ebenfalls nicht energiesparsam, wären es fast 78 Monate.

Bedingungen – so geht der Umtausch

Wie funktioniert der Umtausch? Auf der Liste der Geräte, die von Bürgergeld- und Sozialhilfe-Empfängern getauscht werden können, stehen die wichtigsten Großgeräte, die täglich in Gebrauch sind. Dazu zählen Kühl- und Gefrierkombinationen, Tischkühlschränke mit Gefrierfach sowie Waschmaschinen und Geschirrspüler. Voraussetzung für den Tausch: Das Altgerät funktioniert, der Energieberater hält den Wechsel für sinnvoll und es wird nur 1:1 getauscht, zum Beispiel eine alte gegen eine neue Waschmaschine.

Hier gibt es die Antragsformulare

Bürgergeld-Haushalte und Sozialhilfe-Empfänger, die an der Aktion in München teilnehmen möchten, erhalten Antragsformulare und Informationsflyer in den Sozialbürgerhäusern, bei den Schuldnerberatungsstellen, den teilnehmenden Energieberatungsstellen

(Stromspar-Check der Caritas München, Telefon 678202-70, E-Mail: stromspar-check@caritasmuenchen.org, und die Energieberatung der Verbraucherzentrale Bayern, Telefon (0800) 8098024-00, gebührenfrei, E-Mail energie@vzbayern.de)

und bei der Koordinierungsstelle „Weiße Ware“ der Caritas München.

Die Stadt München schreibt in ihrer Rathaus Umschau vom 12.04.2023:

„Wenn der Geräteaustausch stattfinden kann, übernimmt die Koordinierungsstelle Weiße Ware der Caritas München die weitere Abwicklung. Sie informiert die Bürger*innen über den erfolgreichen Ausgang ihrer Anfrage und veranlasst die Auslieferung der Neugeräte über den Elektropartner der Landeshauptstadt. Darüber hinaus ist sie auch Anlaufstelle für alle Fragen zu der neuen Energiesparmaßnahme und stellt das Austauschprogramm stadtweit der Öffentlichkeit und interessierten Organisationen und Kooperationspartner*innen vor.“

Leuchtturmprojekt

Die Energiesparmaßnahme der Stadt München beweist: Es geht. Man kann Haushalte, die Bürgergeld oder Sozialhilfe erhalten, auch ohne das ständige Hickhack der Ampel unterstützen. Da Strom neben Lebensmitteln einer der größten Kostentreiber ist, greift die Aktion genau dort, wo es gerade weh tut. Vielleicht entpuppt sich das Münchener Modell als Leuchtturmprojekt. Wünschenswert wäre es.

Bild: Tony Thiethoaly/ shutterstock.com