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Jobcenter lässt Bürgergeld-Bedürftige menschenunwürdig wohnen

Sanierungsbedürftige Wohnung mit kaputten Wänden und Türen

Von oben herab und im Wissen, dass eine Familie mit Kindern so nicht wohnen kann, versagt ein Jobcenter einer Bürgergeld-Empfängerin die Renovierungskosten. Nicht einmal als Darlehen sollen die Mittel zur Verfügung gestellt werden, um ein menschenwürdiges Wohnen zu ermöglichen. Von einer vertrauensvollen Zusammenarbeit auf Augenhöhe kann beim Bürgergeld also nicht die Rede sein.

Bettwanzen durch gebrauchte Möbel

Lara, eine alleinerziehende Mutter mit zwei Grundschulkindern und einem Baby, kann sich nur gebrauchte Möbel leisten und holt sich darüber Bettwanzen in die Wohnung. Nicht sonderlich angenehm, aber ein Problem, das sich lösen lässt. Das Jobcenter übernimmt die Kosten für den Kammerjäger. Nachdem die Wohnung einmal auf den Kopf gestellt wurde und dadurch unbewohnbar ist, dreht das Amt den Geldhahn jedoch zu.

Wohnung muss renoviert werden

„Tapeten, Matratzen, der Boden, alles musste raus“, schreibt Helena Steinhaus, Gründerin des Vereins Sanktionsfrei e.V. auf Twitter. Die Kosten für die Renovierung belaufen sich auf etwa 1.250 Euro. Dafür werden jedoch keine Mittel bewilligt und auch den Antrag auf ein Darlehen lehnt das Jobcenter ab. Die entsprechenden Unterlagen und Fotos der Wohnung liegen dem Verein vor, der sich jetzt um den Fall kümmert.

Jobcenter gewährt nicht einmal ein Darlehen

Denn eines ist sicher, betont Sanktionsfrei:

„So kann man nicht leben, schon gar nicht mit Kindern.“

Und das Bürgergeld reicht schlichtweg nicht aus, um Kosten in dieser Höhe stemmen zu können.

Zahlen gefällig? Im Bürgergeld-Regelsatz für eine erwachsene Person sind für den Bereich „Wohnungsmieten, Energie und Wohninstandhaltung“ 42,55 Euro vorgesehen. Davon entfallen jedoch bereits 40,74 Euro auf Strom. Blieben also rein rechnerisch 1,81 Euro pro Monat, um die Wohnung wieder auf Vordermann zu bringen. Bei Kosten von 1.250 Euro dauert das knapp 691 Monate oder 58 Jahre.

Augenhöhe bleibt Wunschdenken

Vielleicht sollte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) seine Aussage zur Augenhöhe beim Bürgergeld noch einmal überdenken oder endlich klare Bahnen schaffen. Dass ein Jobcenter nicht alle Wünsche erfüllen kann, steht außer Frage. Doch menschenwürdiges Wohnen zählt vermutlich nicht zu den Dingen, über die man lange diskutieren sollte.

Keine Verbesserung für Armutsbetroffene

Insofern beweist der Fall einmal mehr: (Noch) hat sich durch das Bürgergeld für Betroffene nichts verändert. Das moniert auch der Präsident des Paritätischen Wohlfahrtsverbands, Dr. Ulrich Schneider. Er fragt angesichts des Falls von Lara:

„Sagt mir nur mal eine einzige Sache, die sich in der Antragsgewährung der Jobcenter für die Armen verbessert haben soll, seit die Bundesregierung Hartz IV Bürgergeld nennt.“

Bild: Simon Annable/ shutterstock.com