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Bürgergeld: Jobcenter setzt 120 Langzeitarbeitslose an die Luft

verschwommene Scheibe mit verzweifeltem Mann im Hintergrund

Besser und gerechter sollte das Bürgergeld sein. Doch schon jetzt zeigt sich, dass Menschen, die am ersten Arbeitsmarkt (noch) chancenlos sind, einfach fallen gelassen werden. Weil sich die Prioritäten geändert haben, stehen weniger Mittel für Ein-Euro-Jobs oder sogenannte Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung zur Verfügung. In Dresden heißt das für 120 Langzeitarbeitslose, dass sie wieder nach Hause geschickt werden – ohne jede Perspektive.

Kürzung der Maßnahmen um 62 Prozent

Der Verein Jugend/Arbeit/Bildung (JAB) wurde vom Jobcenter vor vollendete Tatsachen gestellt. Nur sechs von 16 beantragten Maßnahmen bewilligte die Behörde. Die Reduzierung um 62 Prozent hat weitreichende Folgen, wie die Geschäftsführerin Solveig Buder erklärt. Den Bürgergeld Betroffenen fehle jetzt eine Tagesstruktur und die Arbeitsplätze der Praxisanleiter in den Werkstätten seien in Gefahr.

Jobcenter lassen 600 Millionen Euro ungenutzt

Finanzielle Probleme

Überdies müsse die Miete für Räume, die jetzt überflüssig seien, noch sechs Monate lang bezahlt werden. Daraus ergebe sich eine finanzielle Belastung von einer Million Euro pro Jahr. Daher ist der Verein auf der Suche nach neuen Finanzierungsquellen – und hat schon einige Ideen in petto. Ob davon auch die Bürgergeld-Empfänger profitieren, die bislang beschäftigt waren, muss sich zeigen. Das waren laut Solveig Buder vor allem „Menschen ohne Abschluss, mit Drogen- und Alkoholerkrankungen und psychischen Krankheiten“.

Jobcenter wurden die Mittel gestrichen

Dem Chef des Jobcenters, Thomas Berndt, sind in diesem Fall die Hände gebunden. Statt 33,6 Millionen Euro stünden im Jahr 2023 nur noch 30,1 Millionen Euro für Eingliederungen in Arbeit zur Verfügung. Schon Mitte 2022 habe man auf die schlechtere finanzielle Situation und die Folgen für die Förderung Langzeitarbeitsloser aufmerksam gemacht.

Nur der erste Arbeitsmarkt zählt

Mit dem Bürgergeld rückten die Förderung von Qualifizierungen und der Einstieg in den ersten Arbeitsmarkt mehr in den Fokus als der zweite Arbeitsmarkt, zu dem die Ein-Euro-Jobs zählen. An diese Regeln aus dem Bürgergeld-Gesetz sei das Jobcenter gebunden, so Thomas Berndt. Sobald freie oder weitere finanzielle Mittel vorhanden seien, würde auch der zweite Arbeitsmarkt wieder berücksichtigt.

Verein sucht nach Alternativen

Dass an dieser Stelle gespart werden soll, hatte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) bereits lange vor Einführung des Bürgergelds angekündigt. Ausbaden dürfen das Vereine, wie der JAB. Der will sich jetzt um Coachings von Langzeitarbeitslosen sowie um Aufträge von Privatpersonen und Firmen bemühen, für Holz- und Näharbeiten. Auch Arbeiten außerhalb der Werkstätten übernimmt der Verein, der schon Bänke renoviert hat und die Tafelgärten für die Dresdner Tafel bewirtschaftet.

Bürgergeld: Jobcenter verschwenden 400.000 Euro Spesengelder

Streichkonzert für die Ärmsten

Sich Qualifizierung und Weiterbildung auf die Fahnen zu schreiben, um dann alle, die nicht in dieses Bild passen, hintenüberfallen zu lassen, passt nicht wirklich zu den Versprechen der Ampel. Sie überlässt es mal wieder anderen (wie schon den Tafeln bei der Versorgung mit Lebensmitteln), Bürgergeld Betroffenen eine Möglichkeit zu geben, Fuß zu fassen. Ein typisches Streichkonzert zulasten der Ärmsten.

Bild: Jakub Krechowicz/ shutterstock.com