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Trotz Bürgergeld: Schlange stehen für eine Suppe

Menschen stehen in der Suppenküche an

Ein beschämendes Bild: Mütter mit Kindern, Rentner, Familienväter und Singles stehen in Berlin-Marzahn teils stundenlang in eisiger Kälte. Sie warten auf einen Becher warme Suppe, Kleidung und ein Lebensmittelpaket. Die von der Regierung gepriesene Sozialreform, mit der das Bürgergeld eingeführt wurde, scheint nicht bei den Menschen anzukommen. Das ist zumindest die Erfahrung derer, die den Betroffenen in der Bundeshauptstadt einmal im Monat helfen, den Kühlschrank zu füllen.

Suppenküche findet riesigen Anklang

Die Aktion des DRK, des Bezirksamtes Marzahn-Hellersdorf und des SOS-Kinderdorfes findet riesigen Anklang. Dieser Erfolg, den rbb24 in einem kurzen Beitrag zeigt, fußt auf der Not der Menschen. Es sind Schicksale, wie sie bei Twitter unter dem Hashtag #IchBinArmutsbetroffen zu tausenden zu finden sind und bei der Suppenausgabe in Berlin auch greifbar werden.

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Vielen ist es peinlich und unangenehm

Ein Mann hat nach eigenen Aussagen seit zwei Wochen kein Geld mehr für Nahrungsmittel. Einer Frau sieht man an, dass es ihr peinlich und unangenehm ist, für eine Suppe und eine Tüte voller Lebensmittel anzustehen. „Aber man ist darauf angewiesen. Also nimmt man es mit“, sagt sie. Ähnlich geht es allen, die an diesem Tag Ende Januar in Marzahn warten.

Im Bürgergeld Regelsatz von 502 Euro seit dem 01.01.2023 sind für einen Alleinstehenden 174,19 Euro monatlich für Lebensmittel und Getränke vorgesehen. 155,82 Euro waren es im Vorjahr bei Hartz IV.

Sparen für den Schwimmbadbesuch

Das normale Bürgergeld reiche nicht aus. Die Preise seien zu stark gestiegen. Toastbrot koste nicht mehr 49 Cent, sondern über einen Euro. Deshalb seien solche Aktionen wichtig, erklärt eine Mutter. Sie möchte auf diese Weise Geld für den Urlaub sparen. Nicht ab in den Flieger. Sondern einfach mal mit den Kindern in die Schwimmhalle. Ein Wunsch, über den andere nur lachen.

Bürgergeld reicht nicht für menschenwürdiges Leben

Ein müdes Lächeln erntet auch der Reporter auf seinen Hinweis, das Bürgergeld und die Grundsicherung sollten doch ein menschenwürdiges Leben ermöglichen. „Nein. Bei uns nicht“, lautet die Antwort. Man spare schon. Noch mehr gehe nicht.

Not wird immer größer

„Die Not wird immer größer“, bewertet Kati Avci vom geschäftsführenden Vorstand des DRK Berlin Nordost den großen Zulauf. Es seien immer mehr Menschen, die einmal im Monat kommen. Und bei den Temperaturen sage es schon etwas aus, wenn Betroffene teils ab 9 Uhr warten, um ein paar Stunden später einen Becher Suppe in den Händen zu halten.

Tafeln tragen die Last der Armut

Ähnliche Bilder wiederholen sich in Deutschland zigfach bei all den Tafeln und anderen Organisationen, die Bürgergeld-Empfängern und Haushalten mit geringem Einkommen helfen. Diese Vereine tragen die Last des Versagens, das sich auch mit der Aussage, man habe die größte Sozialreform seit 20 Jahren auf den Weg gebracht, nicht kaschieren lässt.

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Armut breitet sich aus

Nun könnte man behaupten, wie das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft jüngst angedeutet hat, dass Betroffene schlicht nicht in der Lage sind, ordentlich zu haushalten. Angesichts von zwei Millionen Menschen, die aktuell auf die Tafeln angewiesen sind, ist eine solche Aussage jedoch kaum haltbar. Vielleicht sollte die Politik endlich erkennen, dass sich Armut langsam durch die Gesellschaft frisst und irgendwann auch den Verantwortlichen in den Hintern beißt.

Bild: SeventyFour/ shutterstock.com