Zum Inhalt springen

Strom: Bürgergeld-Bedürftige sollen Ratenzahlung vereinbaren

Stromrechnung mit Taschenrechner und Stromstecker

Hilflosigkeit spiegelt sich in der Nachricht wider, die das Jobcenter des Salzlandkreises an die Eingangstür geklebt hat. Zweisprachig wird über Strom- und Gasnachzahlungen informiert, die aktuell auf die meisten Haushalte zukommen dürften. Echte Hilfe bietet der Aushang nicht. Stattdessen wird empfohlen, bei einer Nachzahlung den Versorger zu kontaktieren und eine Ratenzahlung zu vereinbaren. Wie Betroffene die Raten aufbringen sollen, bleibt ein Geheimnis.

Regelbedarf ist 25 Prozent zu niedrig

Berechnungen des Vergleichsportals Check24 haben ergeben, dass die Differenz des Strombedarfs im Bürgergeld-Regelsatz zu den tatsächlichen Kosten inzwischen über 30 Prozent beträgt. 489 Euro jährlich (40,74 Euro monatlich) sind für einen alleinstehenden Erwachsenen für Strom vorgesehen – ohne Mehrbedarf für Warmwasser, sofern dieses dezentral mit einem Durchlauferhitzer oder Boiler erhitzt wird. Bezahlt werden müssen im Schnitt jedoch 641 Euro.

Sparen an allen Ecken und Enden

Das heißt: Jeder, der auf Bürgergeld angewiesen ist, muss hier und da ein paar Euro abzweigen, um die Stromrechnung bezahlen zu können. Das funktioniert vielleicht zwei oder drei Monate. Dann ist die Luft raus und finden sich keine Möglichkeiten mehr, die Bedarfe umzuschichten, weil auch Lebensmittel und andere Dienstleistungen stetig teurer werden.

Schutz vor Energiesperren

Dieses Problem ist hinlänglich bekannt und wurde von den großen Sozialverbänden bereits mehrfach aufgegriffen. „Der für die Stromkosten veranschlagte Betrag ist viel zu niedrig“, sagt etwa VdK-Präsidentin Verena Bentele. Einen Schritt weiter geht der Sozialverband Deutschland.

„Menschen müssen in dieser krisenhaften Zeit vor Energiesperren und Wohnungsverlust geschützt werden“,

so die Forderung der Vorstandsvorsitzenden Michaela Engelmeier.

Politik bietet kaum Hilfe

Abgesehen von der geplanten Strompreisbremse, die in den nächsten Wochen in Kraft treten soll, ist allerdings nicht viel passiert. Bürgergeld-Empfänger und Haushalte mit geringen Einkommen, die die hohen Nachzahlungen schlichtweg nicht stemmen können, müssen jederzeit damit rechnen, dass der Versorger mit einer Stromsperre droht und den Schalter umlegt. Einen Schutzmechanismus, der das verhindert, hat die Politik bislang nicht geschaffen.

Jobcentern sind die Hände gebunden

Damit lässt die Regierung nicht nur Menschen im Stich, die wenig verdienen, eine geringe Rente haben oder Bürgergeld erhalten. Auch den Jobcentern sind die Hände gebunden. Sie müssen sich an die gesetzlichen Vorgaben halten. Und der Regelsatz für Haushaltsstrom wird nun einmal vom Gesetzgeber festgelegt, nicht von den Mitarbeitern des Jobcenters oder der Bundesagentur für Arbeit.

Akuter Handlungsbedarf

Deshalb sehen die Sozialverbände akuten Handlungsbedarf. Michaela Engelmeier bringt es auf den Punkt. Man wolle sich derzeit weder eine kalte Wohnung noch abgeschaltete Elektrizität vorstellen müssen.

„Für viele ist das aber eine reale Bedrohung, der die Bundesregierung deutlich entgegentreten muss.“

Bis dahin wissen sich viele Jobcenter, wie das vom „Salzlandmagazin“ veröffentlichte Beispiel zeigt, nicht anders zu helfen, als auf Ratenzahlung oder gegebenenfalls ein Darlehen zu verweisen.

Heizen mit Strom

Info: Was gilt für Bürgergeld-Empfänger, deren Heizung über Strom läuft? Hier kann die Nachzahlungsforderung zumindest teilweise als Heizkosten geltend gemacht werden. Wobei in dem Fall geprüft wird, ob die Heizkosten auch angemessen sind – denn das müssen sie laut § 22 SGB II auch nach der Bürgergeld Einführung sein, um übernommen zu werden.

Bild: gopixa/ shutterstock.com