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Die Neiddebatte ums Bürgergeld geht munter weiter

Fuß tritt nach unten auf hockende Person - symbolisch für die Neiddebatte beim Bürgergeld

Auf Nachtreten folgt im Fußball die Rote Karte. Wird indes fleißig nach unten getreten, und das kontinuierlich, wird eifrig geklatscht. Statt auf strukturelle Probleme aufmerksam zu machen, sich mehr der Alters- und Kinderarmut zu widmen, zerrt die „Bild“ erneut am Bürgergeld und fragt: „Ist das gerecht?“ Damit entfacht das Blatt die Bürgergeld-Debatte aufs Neue, allerdings mit eher fragwürdigen Vergleichen.

Vergleich von Äpfeln und Birnen

Gegenübergestellt werden eine Familie mit drei Kindern und ein Single. Während die Familie fast 3.000 Euro Bürgergeld für fünf Personen zur Verfügung stehen, arbeitet der Mann für 1.625 Euro brutto. Dass ein solcher Vergleich hinkt und man besser Familie mit Familie oder Single mit Single verglichen hätte, sollte eigentlich auffallen. Stattdessen werden die Zahlen direkt aufgegriffen und in den sozialen Medien verbreitet. Fast immer mit dem Tenor: Da beantrage ich doch lieber Bürgergeld.

Beamtenbund kritisiert zu hohes Bürgergeld

Das scheint inzwischen auch für immer mehr Beamte zu gelten. Beamtenbund-Chef Ulrich Silberbach spricht von einer Schieflage, die durch das Bürgergeld erzeugt worden sei. Kolleginnen und Kollegen fragten sich, ob sie für 300 oder 400 Euro mehr im Vergleich zur Grundsicherung überhaupt noch arbeiten sollen. Dass mit dem Bürgergeld zum Beispiel keine Rentenansprüche erarbeitet werden, bleibt dabei völlig unerwähnt.

Mit steigendem Bürgergeld erhalten Beamte mehr Sold

Geringverdiener haben nichts von Lohnerhöhungen

Professor Stefan Kooths, Direktor des Instituts für Weltwirtschaft (IfW) sieht das Hauptproblem beim Bürgergeld laut „Bild“ in den fehlenden Arbeitsanreizen. Hinzu käme das System aus Abgaben und Zulagen. Das sorge dafür, dass Geringverdiener von Lohnerhöhungen kaum etwas hätten, da sie dann wieder mit staatlichen Zulagen verrechnet würden.

Steuerliche Entlastung und höhere Vermögenssteuern

Für die Probleme und den Frust, die sich daraus ergeben, sollte man jedoch nicht das Bürgergeld oder, noch schlimmer, die Bürgergeld-Bedürftige verantwortlich machen. Hier muss die Politik für faire und klare Bahnen sorgen. Das fordert auch Professor Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW).

„Es gibt kaum ein Land, das Arbeit stärker besteuert und Vermögen geringer besteuert. Das heißt: Arbeit lohnt nicht“,

warnt er und spricht sich daher für eine steuerliche Entlastung mittlerer und geringer Einkommen aus.

Energiekosten sind Grund für Bürgergeld-Anträge

Damit hätte dann auch die Neid-Debatte um das Bürgergeld ein Ende. Und ganz nebenbei: Bislang hat es, trotz aller Unkenrufe, keinen Run auf die Jobcenter gegeben, weil man sich vom Bürgergeld ein besseres Leben erhofft. Stattdessen nimmt die Zahl der Anträge vor allem aufgrund der hohen Energiekosten zu – etwa in Kulmbach. Und das ist etwas, das viele übersehen: Auch Normalverdiener können für einen Monat Bürgergeld beantragen, wenn das Geld ansonsten nicht reicht. Dazu muss man dann nur die Hosen herunterlassen.

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