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Hartz IV: Jobcenter will keine E-Mails bearbeiten

Tastatur mit "eMail" auf Enter-Taste

Digitalisierung ist eines der Schlagworte, mit denen für das Bürgergeld geworben wurde. Auch und gerade, um dem Bürokratiemonster Hartz IV den Schrecken zu nehmen. Schade nur, wenn einzelne Jobcenter nicht einmal willens sind, E-Mails zu bearbeiten. Dadurch wird der Ansatz, Bürgergeld „zielgerichtet, unbürokratisch und digital“ zu gestalten, direkt wieder zur Einbahnstraße. Harald Thomé vom Erwerbslosen- und Sozialhilfeverein Tacheles sieht in diesem Vorgehen eine Rechtsbeugung.

Kommunikationsprobleme

Probleme damit, wie und auf welchem Weg mit dem Jobcenter kommuniziert werden kann und darf, sind seit Jahren an der Tagesordnung. Briefe kommen angeblich nie an, persönliche abgegebene Unterlagen verschwinden im Nirgendwo und E-Mails lösen sich in Luft auf. Daran wird auch Bürgergeld vermutlich nicht viel ändern. Aber: „Das Bürgergeld soll einfach und digital zugänglich sein.“

Lösung: nutzerorientierte Beantragung

Damit hat die Bundesregierung eine klare Zielvorgabe definiert. Nötig sei eine „einfache, nutzerorientierte und barrierefreie Beantragung“. E-Mails wären ein solches, am Nutzer orientiertes Medium. Schließlich gehören E-Mails für viele Hartz IV Bedürftige längst zum Alltag. Warum also nicht auch auf diesem Weg mit dem Jobcenter in Kontakt treten und Unterlagen übermitteln?

Jobcenter Hagen bearbeitet keine E-Mails

Ein Grund, warum das nicht funktioniert: Weil sich die Jobcenter querstellen. Tacheles bezieht sich dabei konkret auf das Jobcenter Hagen. In einer ersten Mail teilte die Behörde mit, dass ab dem 1. Oktober 2022 nicht mehr per E-Mail kommuniziert werden könne. Später wird darauf aufmerksam gemacht, dass die Nachricht per E-Mail zwar eingegangen sei, aber „auf diesem Weg nicht mehr bearbeitet werden“ könne.

Hartz 5: Bürgergeld lässt digitale Teilhabe vermissen

Verweis auf jobcenter.digital

Stattdessen verweist das Jobcenter Hartz IV Bedürftige auf den Postfachservice des Portals jobcenter.digital. Über diesen Service, für den man sich einmalig registrieren muss, ließen sich auch Dokumente an die Postfachnachrichten anhängen und übermitteln.

Vorwurf der Rechtsbeugung

Harald Thomé kritisiert dieses Vorgehen:

„Die Ablehnung der Bearbeitung einer eingegangenen Mail dürfte schlichtweg Rechtsbeugung darstellen.“

Dazu verweist er unter anderem auf § 9 SGB X zur Nichtförmlichkeit des Verwaltungsverfahrens:

Das Verwaltungsverfahren ist an bestimmte Formen nicht gebunden, soweit keine besonderen Rechtsvorschriften für die Form des Verfahrens bestehen. Es ist einfach, zweckmäßig und zügig durchzuführen.

§ 9 SGB X

Ebenso auf ein Urteil des Bundessozialgerichtes (Urteil vom 12.7.2019, Aktenzeichen B 14 AS 51/18 R) wonach E-Mails bei der Beantragung von Sozialleistungen zulässig seien, und die Charta der Grundrechte der Europäischen Union, die in Artikel 41 das „Recht auf eine gute Verwaltung“ fordern.

Bürokratieabbau geht anders

Bei der Weigerung, E-Mails zu bearbeiten, handle es sich um das Gegenteil davon,

„dass Sozialleistungsträger alles zu tun haben, dass Zugangshürden abgebaut werden“.

Zudem trage das Jobcenter nicht Sorge dafür, dass Betroffene Leistungen wie das Bürgergeld schnell erhalten. Fazit des Vereins: Bürokratieabbau geht anders.

Bild: Imilian/ shutterstock.com