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Sind Hartz 5 bedürftige Eltern keine Vorbilder?

Vater macht mit Tochter Hausaufgaben

Respektlos und unverschämt: Die neue Chefin der Bundesagentur für Arbeit (BA), Andrea Nahles, freut sich über mehr Respekt bei Hartz 5 und will Bedürftige in den Jobcentern buchstäblich an die Hand nehmen. Sie selbst hat offenbar jedoch keinerlei Respekt vor Menschen, die auf Bürgergeld angewiesen sind. Das offenbart ein Nebensatz in einem Interview mit der „Bild“-Zeitung: Arbeit lohne sich, weil man seinen Kindern dann ein Vorbild sei. Hartz 5 Eltern sind demnach keine Vorbilder.

Menschen aus Hilfsbedürftigkeit holen

Das Interview zur Einführung des Bürgergelds und der damit verbundenen Mammut-Aufgabe für die BA und die Jobcenter ist in weiten Teilen ein Loblied auf Hartz 5. Es sei überfällig gewesen,

„zu gucken, was gut funktioniert und was weniger“.

Jetzt habe man ein deutlich besseres Handwerkszeug bekommen,

„um Menschen teils nach vielen Jahren aus der Hilfsbedürftigkeit rauszubekommen“.

Arbeit lohnt sich immer

In dem Zusammenhang wurde – wie sollte es anders sein – auch darüber gesprochen, ob sich Arbeit angesichts der neuen Bürgergeld-Regeln und des höheren Regelsatzes überhaupt noch lohne. Eine Debatte, die jetzt schon seit Monaten anhält, trotz schlagender Beweise, dass Betroffene mit Hartz 5 immer schlechter gestellt sind als Menschen, die Arbeit haben.

Die Aussage von Andreas Nahles auf die Frage, „wird der Arbeiter der Dumme“, ist eindeutig: „Nein. Es lohnt sich immer zu arbeiten.“ Zum einen, weil man in der Regel nicht dauerhaft nur den Mindestlohn verdiene. Zum anderen, weil man mit einem Job auch in die Rente einzahle.

Arbeit bringt einen anderen gesellschaftlichen Status

Während diese Punkte nachvollziehbar sind, schießt die BA-Chefin und ehemalige SPD-Bundesarbeitsministerin mit dem nächsten Argument pro Arbeit über das Ziel hinaus:

„Und ganz wichtig: Man ist seinen Kindern ein Vorbild, hat einen anderen gesellschaftlichen Status für sich und seine Familie.“

Dass Hartz 5 Betroffene irgendwo am Ende der Nahrungskette stehen, immer weiter an den Rand gedrängt werden und sich der Status auch mit neuen Namen „Bürgergeld“ nicht ändern wird, ist ein offenes Geheimnis. Hartz IV gilt als Schimpfwort und ist für viele gleichbedeutend mit faul und renitent. Insofern ist ein Teil der Aussage von Andrea Nahles durchaus richtig.

Ein Schlag ins Gesicht

Aber: Dass man seinen Kindern nur mit Arbeit ein Vorbild sei, ist für alle Eltern, die auf Hartz 5 angewiesen sind, ein Schlag ins Gesicht. Arbeit ist ein wichtiger Teil des Lebens. Doch es gibt noch weit mehr: Menschlichkeit, Liebe, Respekt, Hilfsbereitschaft, Sparsamkeit … Diese Liste ließe sich noch um viele weitere positive Eigenschaften ergänzen, die Eltern im Bürgergeld-Bezug ihren Kindern vorleben und auch damit ein Vorbild sind.

Bürgergeld: Ampel verschlimmbessert Hartz 5

Niemand wünscht seinen Kindern Armut

Nur weil man den Job verloren hat, in einer strukturschwachen Region wohnt oder aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr oder nicht zu 100 Prozent arbeiten kann und dadurch in das Hartz 5 System rutscht, verliert man nicht die Vorbildfunktion für die Kinder. Denn eines sollte klar sein: Niemand, der Hartz IV, künftig Hartz 5 erhält, wünscht dem Nachwuchs ein Leben in Armut.

Und zum hundertsten Mal: Ja, es gibt Menschen, die stolz darauf sind, von Stütze zu leben. Doch die meisten würden liebend gerne arbeiten. Vielleicht bietet das Bürgergeld bald bessere Chancen. Doch völlig unabhängig davon: Allein die Tatsache, dass man von Hartz 5 leben muss, macht Väter und Mütter nicht zu schlechten Eltern.

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