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Bürgergeld lässt digitale Teilhabe vermissen

Notebook und Smartphone mit WiFi Zeichen

Das Bürgergeld online beantragen zu können, mag vieles vereinfachen. Doch wer stellt sicher, dass armutsbetroffene Menschen überhaupt in Lage sind, am digitalen Leben teilzuhaben? Wer dazu keine Chance hat, wird noch weiter an den Rand gedrängt. Daher fordern die Diakonie Deutschland, der Evangelische Verband Kirche-Wirtschaft-Arbeitswelt und das Armutsnetzwerk e.V. im Bürgergeld auch das digitale Existenzminimum zu berücksichtigen. Das geht mit sechs Forderungen einher – die mit Bürgergeld bislang nicht erfüllt werden.

Armut in einer vernetzten Welt

Ende November hatten die beteiligten Verbände und Vereine zu einem Online-Fachgespräch geladen, um das Thema digitales Existenzminimum zu vertiefen. Den Grund dazu erklären die Veranstalter:

„In der digitalisierten Welt werden Menschen ohne geeignete Technikausstattung und Anwenderkompetenz zunehmend ausgegrenzt. Menschen mit Armutserfahrung sind im hohen Maß davon betroffen.“

Zu wenig Geld für die nötige Technik 

Mit Blick auf die Regelbedarfe ist der Bereich Digitalisierung nicht explizit aufgeführt. Es gibt den Bedarf „Post und Telekommunikation“, der bei Hartz IV 40,15 Euro pro Monat vorsieht (Bürgergeld: 44,88 Euro). Wenn man dann noch die nötige Technik, ob Tablet, Notebook, PC oder Smartphone, kaufen möchte, fällt dies unter „andere Waren und Dienstleistungen“ mit 35,77 bzw. 40,06 Euro. Das heißt: Man muss (selbst für gebrauchte Geräte) sehr lange sparen.

Digitales Existenzminimum wird nicht berücksichtigt

Dieses Problem wird mit dem Bürgergeld nicht in Angriff genommen. Denn, so Vorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland, Maria Loheide:

„Heute ist das Existenzminimum bei Erwachsenen in der Grundsicherung weitgehend über Wohnen, Nahrung, Kleidung oder Telefonanschlüsse definiert.“

Lediglich bei Kindern werde über das Bildungs- und Teilhabepaket eine einfache Computerausstattung finanziert. Nicht enthalten seien jedoch ein Drucker, ein Datenzugang oder leistungsstarkes Internet.

Bundesprogramm digitale Teilhabe

Die Diakonie hat daher das „Bundesprogramm digitale Teilhabe“ auf den Weg gebracht. Ziele sind „eine zeitgemäße Ausstattung mit Computern, Netzzugängen und Unterstützung beim Erwerb digitaler Fähigkeiten für alle Menschen“. Das spiegelt sich auch in den Kernforderungen zum digitalen Existenzminimum wider.

Forderung nach Endgeräten für alle

Die zentrale Forderung lautet: Endgeräte für alle. Das ist mit der aktuellen Grundsicherung nicht oder nur schwer realisierbar. Denn, erklären die Initiatoren:

„Ein Mangel der bisherigen Grundsicherung ist es, dass sie für die Anschaffung von Kommunikationsgeräten nur einen minimalen monatlichen Betrag von etwa drei Euro vorsieht.“ 

Ein Drittel der Betroffenen hat keinen Computer 

Die Folge: Von den Haushalten, die auf Hartz IV, demnächst Bürgergeld, oder auch Grundsicherung im Alter angewiesen sind, hat ein Drittel laut Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung weder einen Computer noch einen Internetzugang. Daher müsse man Betroffenen, zu denen auch jene zählen, die Wohngeld oder Kinderzuschlag beziehen, einen einmaligen Anschaffungsbedarf von mindestens 400 Euro pro Person plus 25 Euro monatlich für WLAN gewähren.

Regelsatz: 725 Euro Bürgergeld plus Übernahme der Stromkosten

Die weiteren Forderungen 

Gefordert werden darüber hinaus:

  • Kostenlose Internetcafés und WLAN im öffentlichen Raum.
  • Investitionen in die digitale Kompetenz – da insbesondere ältere Menschen sich von den technischen Neuerungen überfordert fühlen.
  • Bürgerfreundliche digitale Behörden – im Idealfall mit der Option, sich anonym per Chat beraten zu lassen.
  • Menschen mit Armutserfahrung digital empowern: Bürgergeld Betroffene sollen über das digitale Existenzminimum die Chance haben, sich stärker am politischen Leben zu beteiligen. Etwa, indem sie sich vernetzen und Anliegen gemeinsam artikulieren.
  • Ein Recht auch auf analoges Leben: Nicht alles darf nur auf dem digitalen Weg möglich sein. Konkret wünschen sich die Verbände, dass auch analoge Zugänge erhalten bleiben, gerade bei unverzichtbaren privaten Dienstleistungen.

SPD verspricht digitales Bürgergeld

Diesen Forderungen steht ein Versprechen gegenüber, das die SPD auf ihrer Internetseite gibt:

„Menschen wollen sich eigenständig um ihr Leben und eine Arbeit kümmern – davon gehen wir aus. Und wer dabei Unterstützung braucht, soll sie bekommen: zielgerichtet, unbürokratisch, digital – und mit mehr Respekt.“

Kurzum: Wer ein digitales Bürgergeld ankündigt, muss auch die nötigen Voraussetzungen schaffen.

Bild: NicoElNino/ shutterstock.com