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Hartz IV: Von wegen null Bock auf Arbeit

Fauler Mann liegt mit Fernbedienung auf Sofa

Der Vorwurf, wer erst einmal auf den „Geschmack“ der Grundsicherung gekommen ist, macht es sich dauerhaft im Hartz IV System bequem, wird durch die Bürgergeld-Debatte immer wieder neu befeuert. Die Zahlen der Jobcenter sprechen indes eine völlig andere Sprache. Eigentlich sollen sie die Leistungsfähigkeit der Behörden untermauern. Die Daten beweisen aber auch, dass Hartz IV Bedürftige nicht zwangsläufig „null Bock“ auf Arbeit haben.

Leistungsfähigkeit der Jobcenter

Die jetzt vorgestellten Kennzahlen nach §48a SGB II für den Berichtsmonat Juli 2022 sollen die „Leistungsfähigkeit der Jobcenter bundesweit“ zeigen. Untersucht werden die

  1. Veränderung der Summe der Leistungen zum Lebensunterhalt (K1)
  2. Integrationsquote (K2)
  3. Veränderung des Bestands an Langzeitleistungsbeziehenden (K3)

Veröffentlicht werden diese Informationen von der Servicestelle SGB II, einer Initiative des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.

Integrationsquote liegt bei über 24 Prozent

Zusammengefasst ergeben sich folgende Veränderungen im Vergleich zum Vorjahresmonat:

„Die Summe der Leistungen zum Lebensunterhalt (ohne Leistungen für Unterkunft und Heizung) ist im Vergleich zum Vorjahresmonat um 8,4 % gestiegen“,

schreibt die Servicestelle SGB II. Die Integrationsquote, also die Zahl der Hartz IV Bedürftigen, die in eine Erwerbstätigkeit integriert wurden, liegt bei 24,8 Prozent. Gleichzeitig sank der Bestand an Langzeitleistungsbeziehenden um 4,8 Prozent.

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Menschen in Arbeit bringen

Interessant sind in diesem Zusammenhang vor allem die Kennzahlen K2 und K3. Denn sowohl die Integration in den Arbeitsmarkt als auch der Rückgang der Langzeitarbeitslosen bestätigen, dass Hartz IV Bedürftige von den Jobcentern nicht nur verwaltet, sondern auch unterstützt werden. Das heißt: Es gibt unter den Sachbearbeitern nicht nur „schwarze Schafe“, sondern viele, die ihren Job mit Engagement ausüben – und leider viel zu oft durch Bürokratie und Politik ausgebremst werden.

Lieber Job als Stütze

Die Zahlen sagen aber noch weit mehr aus. Sie bestätigen, dass viele, die auf Hartz IV angewiesen sind, so schnell wie möglich wieder eine Arbeit aufnehmen und nicht länger vom Jobcenter abhängig sein wollen. Im Juli 2022 haben diesen Sprung laut Statistik 24,8 Prozent geschafft. In Zahlen: 903.937 von 3.642.134 erwerbsfähigen Leistungsberechtigten.

Nur kleiner Anteil geringfügiger Beschäftigungen

Und nein: Es sind nicht alle Hartz IV Betroffenen in Minijobs vermittelt worden. Die Quote derer, die eine geringfügige Beschäftigung aufgenommen haben, beträgt nur 7,4 Prozent (268.971), und die Zahl derer, die eine öffentlich geförderte Beschäftigung haben, 140.334 (3,9 Prozent). Bei den alleinerziehenden erwerbsfähigen Leistungsberechtigten betrug die Integrationsquote 22,6 Prozent (108.433 von 478.763).

Problem der Langzeitarbeitslosigkeit

Da viele nicht allzu lange im Hartz IV System stecken, was verständlich ist, sollte das Augenmerk vor allem auf Langzeitarbeitslose gerichtet werden. Auf ihnen liegt auch der Fokus beim Bürgergeld. Hier zeigt sich ebenfalls, dass keine Rede von Stagnation sein kann. Die Zahl der Betroffenen ging um 4,8 Prozent zurück (aktuell 2.465.432 Langzeitleistungsbeziehende zu 2.589.337 im Vorjahr). Die Integrationsquote liegt in diesem Segment bundesweit bei 18,4 Prozent und die Zahl derer, die in einer Maßnahme der aktiven Arbeitsförderung sind, bei 190.254 (7,7 Prozent).

Wegfall des Vermittlungsvorrangs hätte positiven Effekt

Durch die wenigen Verbesserungen, die das Bürgergeld-Gesetz vorsieht, etwa den Verzicht auf den Vermittlungsvorrang und die Option, eine Ausbildung zu machen, ließen sich vermutlich noch deutlich bessere Werte erzielen.

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Mehrheit will arbeiten

Doch schon mit diesen Zahlen kann man vielen Kritikern den Wind aus den Segeln nehmen. Sicherlich gibt es Menschen, die es sich in der sozialen Hängematte bequem machen. Doch die Mehrheit will arbeiten. Darüber hinaus darf man nicht vergessen, dass viele Hartz IV Bedürftige aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage sind, zu arbeiten. Sie sind nicht faul. Sie sind krank. Das ist der kleine, aber feine Unterschied, der in der Debatte schnell untergeht.

Bild: txking/ shutterstock.com