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Jobcenter mit Hartz IV und Bürgergeld massiv überfordert

Jobcenter Mitarbeiterin vor Aktenberg

Die Jobcenter sind noch nicht so weit, Hartz IV hinter sich zu lassen und ab 01. Januar auf das Bürgergeld umzuschwenken. Aufgrund der aktuellen Situation, darunter noch Überreste der Corona-Pandemie, Lockerungen bei der Hartz IV Antragstellung, hohe Energiepreise sowie etwa eine halbe Million ukrainischer Geflüchteter aufgrund des russischen Angriffskrieges ist das Antragsvolumen sprunghaft angestiegen, womit Jobcenter und ihre Mitarbeiter massiv überfordert sind.

An ein Bürgergeld ist bei den Leistungsträgern noch gar nicht zu denken, weil sie noch in den aktuellen Hartz IV Verfahren versinken und eine Besserung ist nicht in Sicht. Eines der größten Probleme ist die Überlastung des Personals. Viele müssen deutlich mehr Fälle bearbeiten, als es eigentlich vorgesehen wäre. Auch das IT-System muss umgestellt werden, Begrifflichkeiten angepasst und sodann neue Bürgergeld-Bescheide verschickt werden. Meist erfolgt eine Umstellung der Software nicht reibungslos, so dass manuell nachgearbeitet werden muss und die Jobcenter Mitarbeiter zeitaufwändige Workarounds anwenden müssen.

Erschwerend hinzu kommt der Personalmangel. Neue Mitarbeiter finden sich kaum und wenn, müssen diese erst eingearbeitet werden – in Krisensituationen wie aktuell – sehr schwierig. Das weitaus größere Problem ist aber auch die Abwanderung bestehender Mitarbeiter, die mit der Arbeitssituation und Überlastung in den Jobcentern nicht mehr klarkommen – viele schmeißen jetzt ihren Job beim Jobcenter hin.

Bereits seit Wochen und Monaten ist bekannt, dass die Bundesagentur für Arbeit und die Jobcenter die Bürgergeld-Einführung verschieben wollen bzw. müssen. Nur Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will an seinem fristgerechten Vorhaben weiter festhalten.

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Brandbrief der Jobcenter Personalräte

Wie dramatisch die Lage in den Jobcentern ist, zeigt auch ein aktueller Brandbrief der Personalräte der Jobcenter an den Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD), Finanzminister Christian Lindner (FDP) sowie an den Ausschuss des Bundestages. Die Personalräte fordern eine Verschiebung großer Teile des Bürgergeldes sowie Aufstockung des Personals um mehrere tausend Stellen, anderenfalls drohe ein Kollaps, da sich die Umstellung mit dem aktuellen Personalbestand nicht bewältigen lasse.

Der Arbeitsaufwand sei zu hoch. Überstunden und nicht genommener Urlaub sei an der Tagesordnung, so die Beschäftigtenvertreter, die darauf hinweisen, dass Mitarbeiter in den Jobcentern teilweise „in Tränen ausbrechen, weil die nicht mehr wissen, wie sie ihre Arbeit bewältigen sollen“. Dies hat weitreichende Folgen. Die Beschäftigten „kündigen häufig nicht nur innerlich – sie kündigen tatsächlich“, so die Warnung der Verfasser des Brandbriefs.

Neben der Überlastung der Mitarbeiter sei auch die Etatkürzung von Eingliederungsmitteln zur Förderung von Langezeitarbeitslosen ein großes Problem. Hier hatte Finanzminister Lindner Einschnitte ab 2023 vorgesehen.

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In der Ausgestaltung, wie die Bürgergeld-Einführung nach dem Willen der Ampel-Koalition ablaufen soll, sei „in dieser Form nicht hinnehmbar und tragbar“, heißt es in dem offenen Brief.

Regelsatzerhöhung und Vermögensgrenzen sollen umgesetzt werden

Obwohl bereits mit der Erhöhung des Regelsatzes auf 502 Euro und der Einführung der Karenzzeit von zwei Jahren beim Bürgergeld schon ein Mehraufwand entsteht, soll dieser Teil des Bürgergeldes nach dem Willen der Personalräte planmäßig zum 01. Januar 2023 erfolgen. Der Rest der Hartz-IV-Reform soll erst etwa ein halbes Jahr später erfolgen.

Bild: Elnur/ shutterstock.com

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