Zum Inhalt springen

AfD will Hartz IV Bedürftige wie Arbeitssklaven an die Kette legen

Demo Plakat F**CK AFD

Alternativen zum Bürgergeld in die politische Debatte einzubringen, ist das gute Recht jeder Partei. Was die AfD sich hinsichtlich einer Hartz IV Nachfolge erlaubt, geht jedoch zu weit. Statt moderne Literatur zum Thema Sozialstaat zu blättern, haben sich die Abgeordneten mit Historienromanen befasst. Denn der Antrag „Aktivierende Grundsicherung statt bedingungslosem Grundeinkommen – Einführung von Bürgerarbeit“ erinnert stark an eine Zeit, als Menschen wie Vieh als Arbeitskraft gehandelt wurden: als Sklaven.

Hartz IV Reform auf die harte Tour

Dass mehr Geld, weniger Sanktionen und ein freundlicher Ton im Amt der AfD nicht gefallen würden, war abzusehen. Mit eigenen Ideen für eine Reform des Hartz IV Systems hat die Partei bislang jedoch hinter dem Berg gehalten. Bis jetzt. Mit der ersten Lesung des Bürgergeld-Gesetzes hat man die Katze aus dem Sack gelassen, in Form des besagten Antrags.

Unterstützung nur unter Bedingungen

„Solidarität ist […] keine Einbahnstraße und Unterstützung kann nur unter Bedingungen gewährt werden“, ist dort zu lesen. So weit, so gut. Auch die Leitidee, „wer arbeiten kann, soll auch arbeiten“ ist vielleicht noch nachvollziehbar, und bildet auch beim Bürgergeld die Grundlage – da man Menschen gezielter in Arbeit bringen möchte.

Zwang zur Bürgerarbeit

Doch dann zeigt sich das Menschenbild der AfD. Sie räumt sechs Monate Karenzzeit ein. Danach sollen die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II (Bürgergeld, heute Hartz IV),

„an die Teilnahme an der Bürgerarbeit mit fünfzehn Wochenstunden geknüpft werden, soweit nicht bereits eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung mit mindestens zwanzig Wochenstunden besteht“.

Mit anderen Worten: Zwangsarbeit.

Leistungsgerechtigkeit Geltung verschaffen

Begründet wird dieser Schritt damit, dass sich die Zahl offener Stellen auf Rekordniveau bewegt, sodass auch Ungelernte gute Rahmenbedingungen vorfänden. Die Bürgerarbeit sei insofern ein

„wesentlicher Baustein für eine Eingliederung in den regulären Arbeitsmarkt“.

Damit verschaffe man auch dem Aspekt Leistungsgerechtigkeit mehr Geltung.

Von heute auf Morgen zur Hilfe für Behinderte

Gearbeitet werden könne im Katastrophenschutz, bei der Ortsverschönerung, in der Seniorenhilfe, bei der Hilfe für Menschen mit Behinderungen oder auch im Tierschutz. Irgendwie weltfremd. Denn aus ehemaligen Berufskraftfahrern oder Bäckern wird nicht von heute auf morgen jemand, der pflegerisch oder helfend arbeiten kann. 

Sachleistungs-Debitkarten für Arbeitsverweigerer

Da man schon jetzt davon ausgeht, dass sich viele nicht mit der Bürgerarbeit anfreunden werden, gibt es auch gleich einen Vorschlag, wie mit Arbeitsverweigerern umgegangen werden soll. Für sie gibt es als „Alternative zu der Gewährung von Barmitteln“ eine Debitkarte für Sachleistungen. Statt Bargeld darf man sich dann mit einer Karte in jedem Laden als Hartz IV oder Bürgergeld Bedürftiger „ausweisen“.

Aufenthalt im orts- und zeitnahen Bereich

Das reicht aber noch nicht. Leistungsbezieher sollen „sich grundsätzlich im zeit- und ortsnahen Bereich im Inland“ aufhalten. Alles andere berge die Gefahr eines missbräuchlichen Verhaltens. Diesbezüglich wird auch der Begriff „Pendel-Migration“ genutzt – ohne allerdings echte Zahlen zu nennen. Darauf zu verweisen, dass Busunternehmen bestimmte Strecken anbieten, ist kein Beweis für Missbrauch.

Regelungen zu Ortsabwesenheit – Urlaub bei Bürgergeld

Abwesenheit bedingt Verlust des Leistungsanspruchs

Wer auch nur einen Tag zustimmungslos ortsabwesend im Ausland ist, soll für einen Monat alle Leistungen verlieren. Grund: Es könne nicht von einer fehlenden Hilfsbedürftigkeit ausgegangen werden. Zudem sei es ein „offensichtlicher gravierender Mangel in der Verfügbarkeit“. Man legt die Menschen also an die Kette.

Geächtet und an den Rand gedrängt

Fassen wir zusammen. Wer als Hartz IV Bedürftiger arbeiten kann, soll zu 15 Stunden gemeinnütziger Bürgerarbeit verpflichtet werden und bei Gegenwehr nur noch Sachleistungen erhalten. Und wer sich nicht an die Kette legen lässt, muss sehen, wo er bleibt – Hilfe gibt es dann keine mehr.

Vielleicht haben wir dann bald Szenen wie zu Zeiten Robin Hoods. Geächtete, die sich im Wald verstecken und dort hoffen, etwas von den Reichen zu erhaschen. Denn mit ihren Vorschlägen grenzt die AfD Menschen ohne Arbeit gnadenlos aus und macht sie mit Debitkarten zu Aussätzigen. So spaltet man die Gesellschaft, statt die Hand zu reichen.

Antrag im Bundestag vom 12.10.2022: „Aktivierende Grundsicherung statt bedingungslosem Grundeinkommen – Einführung von Bürgerarbeit

Bild: Corinna Haselmayer/ shutterstock.com