Die Mieten steigen. Die Heizkosten steigen. Damit wird bezahlbarer Wohnraum immer mehr zur Mangelware. Das bekommen vor allem Hartz IV Haushalte zu spüren, zumal die Jobcenter die Kosten für Unterkunft und Heizung nur in angemessener Höhe tragen. Dadurch waren im vorigen Jahr 15,4 Prozent der IV Bedarfsgemeinschaften gezwungen, einen Teil der Kosten selbst zu tragen – im Schnitt 91 Euro (Vorjahr: 86 Euro).
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Wohnkostenlücke: 91 Euro monatlich
In konkreten Zahlen liest sich die Antwort auf die kleine Anfrage der Linksfraktion so: 399.253 Hartz IV Bedarfsgemeinschaften müssen einen nicht unerheblichen Teil des Regelsatzes aufbringen, um ein Dach über dem Kopf zu haben und im Winter nicht frieren zu müssen. Mit durchschnittlich 91 Euro monatlich beträgt die Wohnkostenlücke etwa 20,4 Prozent des Eck-Regelsatzes und summiert sich auf 1.092 Euro jährlich – das sind rechnerisch über zwei monatliche Regelsätze der Grundsicherung, der aktuell 449 Euro beträgt und im vergangenen Jahr bei 446 Euro lag. In den vergangenen Jahren waren zudem Alleinerziehende besonders hart von der Wohnkostenlücke betroffen. Von ihnen mussten etwa ein Fünftel im Schnitt über 1.060 Euro jährlich zusätzlich für die Miete aufbringen.
Diese Beträge müssen betroffene Familien an anderer Stelle einsparen und dies ist meist bei Nahrungsmitteln der Fall.
Differenz tatsächliche und anerkannte Kosten
Das Problem: Die tatsächlichen Kosten für die Wohnung und Heizung liegen in diesen Fällen über den Kosten, die vom Jobcenter anerkannt und bezahlt werden. Und da es schwer ist, überhaupt eine Wohnung zu finden und Betroffene nicht gleich in eine andere Region ziehen möchten, beißen viele in den sauren Apfel.
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In NRW sind besonders viele Haushalte betroffen
Die Quote der Hartz IV Bedürftigen, die einen Teil der Miete aus eigener Tasche bezahlen, ist in Rheinland-Pfalz mit 21 Prozent am höchsten. Es folgen Baden-Württemberg (18,9 Prozent) und Niedersachsen (18,4 Prozent). Zahlenmäßig liegen Hartz IV Haushalte in Nordrhein-Westfalen (108.596) ganz weit vorne, ebenso Niedersachsen (45.691) und Baden-Württemberg (39.218).
Gründe für die Wohnkostenlücke
Die genauen Gründe für die Differenz von tatsächlichen zu anerkannten Kosten gehen laut Bundessozialministerium nicht aus den Statistiken hervor. Teils liege es an der Erfassung der Daten.
Rückerstattungen bei der Nebenkostenabrechnung würden häufig über eine Reduzierung der anerkannten Kosten verrechnet, ohne die tatsächlichen Kosten anzupassen. Mitunter würden in den tatsächlichen Kosten auch die Ausgaben für Strom berücksichtigt, die jedoch bereits im Hartz IV Regelsatz enthalten seien.
Preisentwicklung wird nicht berücksichtigt
Dass Haushalte über 90 Euro von der Grundsicherung abzweigen müssen, die eigentlich für die Existenzsicherung gedacht sind, ist aus Sicht der Linken nicht hinnehmbar. Die sozialpolitische Sprecherin der Fraktion, Jessica Tatti, erklärte:
„Eigentlich müssten die Jobcenter die gestiegenen Heizkosten übernehmen, aber viele Kommunen haben die Preisentwicklung noch nicht in ihre Richtlinien eingepreist.“
Hartz IV Bedürftige werden systematisch aus ihren Heimatorten verdrängt
Bundesweite Standards nötig
Die Ampelkoalition müsse jetzt bundesweite Standards für die volle Übernahme der Wohn- und Heizkosten einführen. Anderenfalls drohe eine
„kalter Winter der Angst für Menschen in Hartz IV – und eine heiße Saison für die Sozialgerichte“.
Das gelte umso mehr, weil sich die ohnehin angespannte Situation immer weiter verschlechtere.
Die Forderung der Linken lautet daher: „
Die Grenzen für Miete und Heizung müssen endlich so festgelegt werden, dass man davon auch wirklich eine Wohnung mieten und warm kriegen kann.“
Problem ist seit Jahren bekannt
Nebenbei: Auf das Dilemma mit der sogenannten Wohnkostenlücke machen die Linken schon geraume Zeit aufmerksam. Sie stellen Jahr für Jahr die Frage, wie viele Haushalte betroffen sind. So mahnte Katja Kipping schon 2021:
„Seit Jahren drücken sich die Bundesregierungen um eine verfassungskonforme Lösung für die Wohnkosten von armen Menschen. Die Folge ist Verdrängung und bitterste Armut. Die Betroffenen müssen sich die Miete im wörtlichen Sinne vom Munde absparen.“
Wohnkostenlücke: Hartz IV Bedürftige zahlen drauf
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