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Hartz IV Sanktionen: BA fordert Jobcenter zum Rechtsbruch auf

Bundesagentur für Arbeit Nürnberg

Es war ein harter Weg hin zum Hartz IV Sanktionsmoratorium, das seit dem 1. Juli gilt. Demnach dürfen Jobcenter erst ab dem zweiten Meldeversäumnis Kürzungen von maximal zehn Prozent aussprechen. Trotzdem fordert die Bundesagentur für Arbeit (BA) in einer Weisung vom 24. Juni 2022 Jobcenter dazu auf, Minderungen, die vor dem 1. Juli aufgrund eines Meldeversäumnisses verhängt wurden, aufrechtzuerhalten. Das widerspricht klar dem Willen des Gesetzgebers.

Umstrittene Aussetzung der Hartz IV Strafen

Das Sanktionsmoratorium war von Anfang an umstritten, auch in der Koalition. Es soll dazu dienen, Erfahrungen zu sammeln, die in die Regelungen für das neue Bürgergeld einfließen. Dabei ist es ein offenes Geheimnis, dass die FDP künftig wieder Hartz IV Kürzungen bis 30 Prozent befürwortet.

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Kürzung um maximal zehn Prozent

Bis dahin gilt, dass Jobcenter keine Sanktionen mehr verhängen dürfen. Einzige Ausnahme: Nach zwei Meldeversäumnissen kann der Hartz IV Regelsatz um 10 Prozent gekürzt werden. Darauf haben sich die Regierung und alle weiteren Gremien geeinigt.

Das sagt der Gesetzgeber

Im 11. Gesetz zur Änderung des SGB II vom 19.06.2022 ist geregelt:

„§ 32 ist bis zum Ablauf des 1. Juli 2023 mit der Maßgabe anzuwenden, dass Leistungen erst nach einem wiederholten Meldeversäumnis zu mindern sind. Ein wiederholtes Meldeversäumnis liegt vor, wenn das vorangegangene Meldeversäumnis weniger als ein Jahr zurückliegt.“

Was ist mit laufenden Kürzungen?

Da das Gesetz nicht erklärt, wie mit Hartz IV Strafen, die schon vor dem 1. Juli verhängt wurden, verfahren werden soll, muss man davon ausgehen, dass entsprechende Minderungen aufgehoben werden. Denn die Regelung gilt „bis zum Ablauf des 1. Juli 2023“ und trat am 1. Juli 2023 in Kraft.

Weisung der Bundesagentur für Arbeit

Die Bundesagentur für Arbeit scheint sich nicht an die neuen Spielregeln halten zu wollen. In der Weisung vom 24. Juni steht zu Kürzungen bei einem ersten Meldeversäumnis:

„Bereits beschiedene Minderungen für Zeiträume nach dem 30.06.2022 aus Meldeversäumnissen sind für die Zeit ab dem 01.07.2022 grundsätzlich nicht aufzuheben.“

Das heißt: Hartz IV Bedürftige, die vor dem Sanktionsmoratorium bestraft wurden, weil sie einen Termin nicht wahrgenommen haben oder nicht wahrnehmen konnten, erhalten nach wie vor nur den gekürzten Regelsatz. Das ist bestimmt nicht im Sinne des Erfinders, sondern ein Verstoß gegen § 84 SGB II. Denn: Kürzungen dürfen seit dem 1. Juli nur bei einem wiederholten und nicht schon beim ersten Meldeversäumnis verhängt werden.

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Festhalten am Rotstift

Interessanterweise schreibt die Weisung für „laufende Minderungen wegen Pflichtverletzungen“ vor, diese „für die Zeit dem 01.07.2022 aufzuheben“. Hier hält man sich an die Neuerung und die gesetzlichen Vorgaben, während bei nicht wahrgenommenen Terminen der Rotstift bleiben soll.

Schlechte Erfahrungen bestätigen sich

Damit tritt genau das ein, was der Paritätische Gesamtverband und auch die Gründerin des Vereins Sanktionsfrei, Helena Steinhaus, befürchtet hatten. Steinhaus fragte am 1. Juli auf Twitter:

„Sind die #HartzIV Sanktionen nun ausgesetzt? Gibt es hier Leute, die sanktioniert sind und deren Sanktion noch durchgeführt wurde, oder ist ein Aufhebungsbescheid gekommen?“

Und der Paritätische Gesamtverband hatte angekündigt, sehr genau hinzuschauen, ob das Moratorium eingehalten wird. Als Grund nannte man „einschlägige Erfahrungen“ mit den Jobcentern. Als ob man es geahnt hätte.

Weisung 202206014 vom 24.06.2022 – Umsetzung des Sanktionsmoratoriums nach § 84 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II)

Bild: nitpicker/ shutterstock.com

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