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Hartz IV unterschreitet Armutsgefährdungsschwelle um über 30 Prozent

armer Mann auf Parkbank hält Schild mit Help hoch

Armut ist für die meisten Hartz IV Haushalte nicht einfach nur ein Wort oder ein Gefühl, sondern harter Alltag. Das lässt sich mit Zahlen belegen. Denn: Der Schwellenwert für Armutsgefährdung in Deutschland liegt deutlich höher als die Hartz IV Leistungen. Und auch die meisten Rentner müssen in der viertgrößten Volkswirtschaft der Welt mit weit weniger Geld auskommen, als für ein Leben ohne Armut nötig wäre.

Mehr Geld für Hartz IV Bedürftige

Vorige Woche titelten mehrere Magazine, dass die Zahlungen für Hartz IV Bedürftige gestiegen seien. Ein Single-Haushalt erhält laut Bundesagentur für Arbeit (BA) im Schnitt insgesamt 858 Euro und damit 22 Euro mehr als im vorigen Jahr. Bezogen auf alle Bedarfsgemeinschaften liegt der Durchschnittswert bei 1.068 Euro pro Monat (plus 21 Euro). Die Steigerung wird auf höhere Miet- und Heizkosten zurückgeführt.

Armutsgefährdungsschwelle: 1.173 Euro

Setzt man die BA-Zahlen in Relation zu den Daten des Statistischen Bundesamtes hinsichtlich der Armutsgefährdungsschwelle nach Microzensus EU-SILC, liegt Hartz IV deutlich darunter. Bereits 2020 wurde der Schwellenwert für monetäre Armut bei einem Single mit 14.076 Euro im Jahr beziffert, was 1.173 Euro im Monat entspricht – gleichzeitig betrugen die Hartz IV Leistungen im Dezember 2020 bei einer Single-BG monatlich 818 Euro im deutschen Durchschnitt. Damit erhielten Bedürftige monatlich 355 Euro bzw. über 30 Prozent unter der Armutsgefährdungsschwelle ausgezahlt.

Was ist die Armutsgefährdungsschwelle bzw. Armutsrisikoschwelle?

Die Armutsgefährdungsschwelle ist üblicherweise definiert als 60 Prozent des Median aller Nettoäquivalenzeinkommen. Eine Person gilt dann als armutsgefährdet, wenn ihr Äquivalenzeinkommen die Armutsgefährdungsschwelle unterschreitet.

Bundesministerium für Arbeit und Soziales – Glossar

Mit Kindern steigt das Armutsrisiko

Noch drastischer ist das Ergebnis bei Bedarfsgemeinschaften mit Kindern. Sie erhielten laut BA im Schnitt 1.640 Euro im Dezember 2020. Die Armutsgefährdung beginnt jedoch schon bei 29.560 Euro im Jahr (zwei Erwachsene und zwei Kinder unter 14 Jahren) bzw. 2.463 Euro monatlich. Die Differenz: 823 Euro monatlich.

Menschenwürdiges Existenzminimum

Angesichts dieser Zahlen sind die Aussagen der Bundesregierung zur Anpassung der Hartz IV Regelsätze beinahe schon ein Hohn.

„Mit der Anpassung gewährleisten die Regelsätze auch in diesem Jahr ein menschenwürdiges Existenzminimum“,

schreibt die Regierung. Davon, dass die Armutsgrenze unterschritten wird, findet man dort kein Wort.

Rentner auch betroffen

Dass durch die steigende Inflation und die Folgen der Corona-Pandemie immer mehr Haushalte von Armut bedroht sind oder längst in die Armut abgerutscht sind, steht außer Frage. Doch auch ohne den Kaufkraftverlust haben vor allem Rentnerinnen in Westen der Republik Probleme, über die Runden zu kommen.

Armut im Alter

Wie bereits erwähnt, liegt die Armutsgefährdungsschwelle bei 1.173 Euro für Alleinstehende. Die durchschnittliche Altersrente bei Frauen in den alten Bundesländern betrug in 2020 jedoch nur 774 Euro (Männer 1.182 Euro, Frauen in den neuen Bundesländern 1.058 Euro, Männer 1.123 Euro). Auch hier ist der Weg in die Armut vorgezeichnet. Eine Aufstockung der Rente mit der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung bringt gerade mal eine Ergänzung auf Hartz IV Niveau.

Altersarmut, Kinderarmut – alles Entwicklungen, bei denen die Ampelkoalition bislang auf beiden Augen blind zu sein scheint.

Verweise aus Quellen:

Bild: Srdjan Randjelovic/ shutterstock.com