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Hartz IV wird abgeschafft und durch Bürgergeld ersetzt

Verzweifelter Mann

Nach nun 16 Jahren soll Hartz IV abgeschafft und stattdessen ein Bürgergeld eingeführt werden – darauf einigten sich die Ampel-Parteien bei den Sondierungsgesprächen. Die Hoffnungen auf eine grundlegende Reform des Hartz IV Systems werden durch das Sondierungspapier von SPD, Grünen und FDP aber direkt wieder zerschlagen. Statt echter Neuerungen präsentiert man alten Wein in neuen Schläuchen. Im Prinzip bekommt Hartz IV mit dem Bürgergeld nur einen neuen Namen, inklusive Sanktionen und Co. Von einem Grundeinkommen, und schon gar von einem bedingungslosen, ist man damit auch weiterhin meilenweit entfernt.

Kein Hartz IV mehr

Liest man nur den ersten Satz der Sondierungsergebnisse, keimt zumindest etwas Hoffnung:

„Anstelle der bisherigen Grundsicherung (Hartz IV) werden wir ein Bürgergeld einführen.“

Die nachfolgenden Erläuterungen beweisen indes: SPD und Grüne, die Hartz IV mit der Agenda 2010 kreiert hatten, bleiben sich offenbar treu.

Mindestens 499 Euro Hartz IV bzw. Bürgergeld ab 2022?

Unkomplizierter Zugang

Zu den wenigen positiven Aspekten zählt, dass die Leistung künftig „digital und unkompliziert zugänglich sein“ soll. Man wolle die Würde des und der Einzelnen achten und Betroffene zur gesellschaftlichen Teilhabe befähigen.

Auch die Zuverdienstmöglichkeiten sollen verbessert werden. Aktuell ist es beispielsweise so, dass von einem 450 Euro Job gerade einmal 170 Euro übrig bleiben, da der Rest auf Hartz IV Leistungen angerechnet wird.

Bürgergeld Zuverdienst – Freibeträge vom Einkommen

Sanktionen bleiben

Die übrigen Wahlkampfversprechen sind bereits wieder verpufft. Von einem Verzicht auf Sanktionen kann keine Rede mehr sein.

„An Mitwirkungspflichten halten wir fest und prüfen, wie wir hier entbürokratisieren können“,

heißt es. Oder anders ausgedrückt: Es wird auch weiterhin sanktioniert.

Aktivierender Sozialstaat

Ziel ist nach wie vor, Menschen in Arbeit zu bringen. Darauf deutet der Hinweis auf den „aktivierenden Sozialstaat“ hin, ebenso der Satz, dass man „Hilfen zur Rückkehr in den Arbeitsmarkt in den Mittelpunkt stellen“ möchte. Unter diesem Gesichtspunkt wurde aber auch seinerzeit das Arbeitslosengeld II (Hartz IV) eingeführt.

Kein Grundeinkommen

Von einem bedingungslosen Grundeinkommen kann daher ebenso wenig die Rede sein wie von einem bedarfsgeprüften Grundeinkommen, mit dem Berechtigten ein einheitlicher Betrag für den Lebensunterhalt zur Verfügung stünde. Die Sondierungsergebnisse weisen vielmehr darauf hin, dass sich am bisherigen System kaum etwas ändert.

Preissteigerungen werden erst 2023 im Bürgergeld Regelsatz berücksichtigt

Wohnkosten weiterhin separat

Die Wohnkosten dürften auch weiterhin ein eigenes Kapitel bleiben. Anders lässt sich kaum erklären, warum man die Beibehaltung einer großzügigeren „Überprüfung der Wohnungsgröße“, die während der Corona-Pandemie eingeführt wurde, prüfen möchte. Gleiches gilt auch für das Schonvermögen.

Wie hoch ist das Bürgergeld?

Die entscheidende Frage bleibt jedoch völlig unbeantwortet: Wie hoch ist das Bürgergeld? Dass man die Würde achten und Teilhabe ermöglichen möchte, gibt darüber keine Auskunft – dies sollte schließlich auch bereits der Hartz IV Regelsatz erfüllen .

Hartz IV Regelsatz 2022 nun offiziell

Die Kritik, dass die Hartz IV Leistungen deutlich höher sein müssten, greifen die Parteien somit nicht auf. Allerdings haben die Grünen beim Parteitag im Juni 2021 beschlossen, dass Hartz IV um mindestens 50 Euro erhöht werden soll. Dies wäre vielleicht ein Anhaltspunkt, zumal es sich nach Angaben des sozialpolitischen Sprechers der Grünen, Sven Lehmann, um „eine Mindestbedingung für jede Koalition handle“.

Fazit: keine echte Verbesserung

Die „Ampel“ möchte vor Armut schützen und Kinder aus Armut holen. Dafür soll ein Bürgergeld sorgen, das sich – zumindest nach dem jetzigen Kenntnisstand – nur marginal von Hartz IV unterscheidet.

Die Sanktionen bleiben, damit das Prinzip des Förderns und Forderns. Klare Aussagen zur konkreten Ausgestaltung gibt es noch nicht.

Käme es zu einem Plus von 50 Euro, das die Grünen im Wahlkampf vorgeschlagen hatten, wäre man mit 499 Euro für einen alleinstehenden Erwachsenen (ab 2022 sollen 449 Euro Hartz IV gezahlt werden) immer noch über 100 Euro unter dem Wert, den Sozialverbände fordern. Sie erachten 600 Euro als menschenwürdiges Existenzminimum.

Bildnachweis: altanaka / shutterstock.com