Fast ein Prozent mehr Geld. Eigentlich sollte man sich darüber freuen. Doch angesichts der Teuerung in allen Lebensbereichen müssen Hartz IV Bedürftige selbst mit höherer Grundsicherung den Gürtel enger schneller. Das ist umso ärgerlicher, wenn man bedenkt, dass die Berechnung der Regelsätze nicht nach regulären Standards erfolgte, sondern anhand der Mehrwertsteuersenkung.
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Völlig inakzeptabel
Kritik an der Hartz IV Anpassung, die zwei Euro mehr für Kinder bis 13 Jahren und drei Euro mehr für Jugendliche und Erwachsene vorsieht, wurde schnell laut. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) nannte die Erhöhung zum Beispiel „völlig inakzeptabel“.
Der Hartz IV Misch-Index
Um die jetzt erhobenen Vorwürfe zu verstehen, hier ein kleiner Blick hinter die Hartz IV Berechnung. Grundlage für die jährliche Anpassung ist ein Misch-Index. Er setzt sich zu 30 Prozent aus der Nettolohn- und zu 70 Prozent aus der Preisentwicklung zusammen.
Preise künstlich abgesenkt
Das Ärgernis: Berücksichtigt wurden die Preise in der Zeit von Juli 2020 bis Juni 2021. Und da im zweiten Halbjahr 2020 die Mehrwertsteuer gesenkt wurde, gingen auch die Preise zurück. Oder anders ausgedrückt: Das Preisniveau in Deutschland wurde künstlich abgesenkt, was jetzt zulasten aller Hartz IV Bedürftigen geht.
Kürzung der Regelsätze
Anja Piel vom DGB-Vorstand sieht in dem Vorgehen eine „faktische Kürzung der Hartz IV Regelsätze“. Damit würden die Nöte der Betroffenen ignoriert. Das betreffe vor allem Kinder aus ärmeren Familien. Ihr Urteil: „Das ist unverantwortlich.“
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Unverschämtheit
Auch der Sozialverband VdK läuft Sturm gegen die Trickserei bei Hartz IV. Die Senkung der Mehrwertsteuer, eigentlich als Entlastung gedacht, entwickle sich für Menschen in der Grundsicherung jetzt „zum großen finanziellen Verlust“. VdK-Präsidentin Verena Bentele sieht darin „eine Unverschämtheit“.
Preisanstieg ausgleichen
Die Forderung von DGB und VdK ist nahezu identisch: Beide rufen die Regierung dazu auf, die Hartz IV Regelsätze generell anzupassen. Zudem müsse bei der Berechnung auch die inflationsbedingte Preissteigerung berücksichtigt und entsprechend ausgeglichen werden.
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Über vier Millionen Betroffene
Bis dieser „Irrweg“ – wie es der DGB nennt – korrigiert wird, dauert es vermutlich. Daher werden 3,9 Millionen Menschen, die Arbeitslosengeld II erhalten, und 564.000 Rentnerinnen und Rentner, die auf staatliche Grundsicherung angewiesen sind, künftig noch knapper kalkulieren müssen.
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