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BSG-Urteil: Kostenlose Mahlzeit darf mit Hartz IV verrechnet werden

Mann sitzt beim Essen

Rein rechtlich ist eine kostenlose Mahlzeit, die ein Arbeitgeber seinen Mitarbeitern zur Verfügung stellt, eine „Einnahme in Geldeswert“. Ob man sie in Anspruch nimmt oder nicht, ist laut aktuellem Urteil des Bundessozialgerichtes unerheblich. Für Hartz IV Aufstocker bedeutet das: Der Gegenwert von Suppe & Co. darf mit dem Arbeitslosengeld II verrechnet werden.

Hartz IV trotz Vollzeitjob

Der traurige Fall: Ein Berliner Kellner arbeitete von 2008 bis 2018 Vollzeit im Schichtdienst. Das Gehalt reichte jedoch nicht für den Lebensunterhalt von ihm, seiner Frau und den drei Kindern, von denen eines behindert ist. Daher erhielt er Unterstützung nach dem Sozialgesetzbuch II oder einfacher ausgedrückt: Der 1962 geborene Mann musste mit Hartz IV aufstocken, um über die Runden zu kommen.

Traurig: Über eine Million Hartz IV Aufstocker

Mahlzeit als Einkommen

Der Arbeitsvertrag des Mannes sah vor, dass er werktags eine kostenlose Mahlzeit und Gratis-Getränke erhält. Diese Leistungen wertete das zuständige Jobcenter als „mindernd anzurechnendes Einkommen“. Konkret ging es um 30,18 Euro pro Monat, die in Abzug gebracht wurden. Dagegen klagte der Kellner, weil er die Mahlzeiten nicht in Anspruch nahm.

Zeit mit der Familie

Vor Gericht argumentierte der Berliner, dass er lieber mit seiner Familie esse. Weil seine Tochter behindert sei, verbringe er lieber Zeit mit ihr. Im Urteil wird der Mann zitiert: „Ein tatsächlicher Zufluss des Sachbezugs sei mithin nicht gegeben.“ Das sahen das Sozialgericht Berlin und das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg anders.

Inanspruchnahme nicht relevant

Auch die Revision vor dem Bundessozialgericht ergab: Das Vorgehen des Jobcenters, die Verpflegung auf die Hartz IV Zahlung anzurechnen, war rechtens. Der Sachbezug sei vom Arbeitgeber bereitgestellt worden und die Leistung in Form der Mahlzeit verfügbar gewesen. „Ob die Möglichkeit einer Inanspruchnahme auch tatsächlich realisiert wird“, sei dabei nicht relevant.

Die einzige Option, die das Bundessozialgericht für den Kellner sieht: Der Arbeitsvertrag müsste geändert werden.

Bundessozialgericht:
Urteil vom 5. August 2021, Aktenzeichen B 4 AS 83/20 R.

Vorinstanzen:
Sozialgericht Berlin: Urteil vom 29. März 2019, Aktenzeichen S 37 AS 10338/17.
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg: Urteil vom 21. November 2019, Aktenzeichen L 34 AS 801/19,

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