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KdU: Jobcenter muss PKW Stellplatz zahlen

weißes Auto steht in Tiefgarage

Das Bundessozialgericht hat jüngst mit Beschluss vom 19.05.2021 entschieden, dass das Jobcenter bei Hartz IV Bedürftigkeit auch einen PKW Stellplatz – im konkreten Fall einen Tiefgaragenstellplatz – im Rahmen der Kosten für Unterkunft und Heizung übernehmen muss.

Im verhandelten Fall bewohnten die Kläger eine Mietwohnung, die zusammen mit einem Tiefgaragenstellplatz vermietet wurde, für den monatlich 25,56 Euro als „Garagenzuschlag“ zu zahlen sind. Für den Tiefgaragenstellplatz gibt es keinen separaten Mietvertrag, so dass auch eine Teilkündigung der PKW Stellfläche nicht möglich ist. Das Jobcenter Freiburg zahlte jedoch nur die Kosten der Unterkunft und Heizung, gekürzt um den Betrag von 25,56 Euro monatlich. Den Differenzbetrag müssten die Leistungsbezieher aus dem Hartz IV Regelsatz tragen.

Jobcenter forderte Untervermietung

Als Begründung nannte das Jobcenter die Selbsthilfeobliegenheit der Hartz IV Bedürftigen zur Senkung der Unterkunftskosten und forderte die Kläger auf, den Stellplatz entweder zu kündigen oder unterzuvermieten.

Teilkündigung und Untervermietung nicht möglich

Eine Teilkündigung scheidet aufgrund des Mangels an separaten Mietvertrag für den Tiefgaragenstellplatz aus. Auch eine Untervermietung ist nach Angaben der Kläger nicht möglich, da der Vermieter nicht an Hausfremde vermieten möchte.

Sowohl vor dem Sozialgericht Freiburg (Az.: S 14 AS 4184/18 vom 09.05.2019) als auch im Berufungsverfahren beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (Az.: L 1 AS 2007/19 vom 04.05.2020) scheiterte das Jobcenter und wurde zur Übernahme der Kosten für den Tiefgaragenstellplatz in Höhe von 25,56 Euro monatlich verurteilt. Die Revision vor dem Bundessozialgericht (BSG) wurde zwar zugelassen, jedoch vom BSG zurückgewiesen – insgesamt dauerte das Verfahren über drei Jahre!

Hartz IV Nachzahlung: Jobcenter muss 4 Prozent Zinsen zahlen

Als Begründung nannte das Bundessozialgericht, dass bei Hartz IV Bezug die vollen Kosten der Unterkunft und Heizung zu übernehmen sind – inklusive der Kosten für einen PKW Stellplatz – sofern es sich um einen einheitlichen Mietvertrag ohne Teilkündigung für den Stellplatz handle und die Gesamtkosten im Rahmen der Angemessenheit sind. Ausdrücklich bestehe in einem solchen Fall keine Obliegenheit zur Kostensenkung durch Untervermietung, da sich diese Pflicht weder aus § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II noch aus § 2 Abs. 1 S. 1 SGB II noch ergebe.

Bundessozialgericht vom 19.05.2021 – Az.: B 14 AS 39/20 R

Rechtsprechung zum PKW Stellplatz ist nicht neu

Die Entscheidung des BSG im aktuellen Fall ist nachvollziehbar und spiegelt die Haltung der Sozialgerichte wider. Bereits im Jahr 2006 hatte das Bundessozialgericht (Az.: B 7b AS 10/06 R vom 07.11.2006) entschieden, dass bei Hartz IV Bezug der Stellplatz regelmäßig nicht zu den Kosten der Unterkunft und Heizung zählt – es sei denn, die Wohnung kann nicht ohne den Stellplatz angemietet werden und die Wohnkosten liegen inklusive der Miete für den PKW Stellplatz im Rahmen der Angemessenheit für den jeweiligen Wohnort. Auch Jahre später fällte das BSG unter Az.: B 4 AS 44/14 R vom 16.06.2015 ein gleichlautendes Urteil und bestätigte die Haltung.

Hartz IV Bedürftige, die über einen von der Mietwohnung untrennbaren Stellplatz verfügen, sollten sich nicht vom Jobcenter zu einer – meist unmöglichen – Teilkündigung oder Untervermietung drängen lassen. In erster Linie sollten die örtlichen Richtlinien zu den angemessenen Wohnkosten am Wohnort sowie der Mietvertrag genaustens geprüft werden. Lehnt das Jobcenter die Kostenübernahme für den Stellplatz ab, obwohl alle Voraussetzungen zur Übernahme vorliegen, sollten Betroffene unbedingt fristgerecht Widerspruch erheben.

Bildnachweis: Ysbrand Cosijn/ shutterstock.com

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