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Urteil: Jobcenter muss Kosten für Jugendweihe zahlen

Familienfeier

Für viele Jugendliche stellt die Jugendweihe den Übergang zwischen Kindheit und Erwachsenendasein dar. Ein solcher Meilenstein will gebührend gefeiert werden – bisher galt jedoch, dass Hartz IV Empfänger damit verbundene Kosten vom Regelsatz zahlen müssen. Bis jetzt: Laut aktuellem Urteil des Landessozialgerichts Thüringen muss das Jobcenter die Kosten für die Teilnahme an einer Jugendweihe übernehmen (Urteil v. 05.11.2020, Az.: L 9 AS 322/19).

Jobcenter lehnt Antrag auf Kostenübernahme ab

Hintergrund des Urteil war der Fall eines Jugendlichen aus dem Landkreis Saalfeld-Rudolstadt in Thüringen. Der junge Mann nahm an einer Jugendweihefeier teil, wofür der Veranstalter 100 Euro in Rechnung stellte. Da die Familie des Jugendlichen Hartz IV Leistungen bezog, beantragte er die Übernahme der Kosten durch das zuständige Jobcenter – erfolglos.

Das Jobcenter lehnte die Kostenübernahme für die Jugendweihefeier ab und wies auch den dagegen gerichteten Widerspruch des Jugendlichen ab. Daraufhin zog der junge Mann vor Gericht. Das Sozialgericht Meiningen sprach dem Kläger die Kostenübernahme in erster Instanz zu. Dieses Urteil wollte das Jobcenter jedoch nicht auf sich sitzen lassen und ging vor dem Landessozialgericht Thüringen in Berufung.

LSG: Jugendweihe ist „kulturelle Aktivität“

Doch auch das LSG Thüringen urteilte im Sinne des Jugendlichen. Seine Entscheidung begründete das Gericht folgendermaßen: Gemäß § 28 Absatz 7 SGB II steht Leistungsbeziehern unter 18 Jahren ein Bedarf zur Teilhabe am sozialen und kulturellen Lebens in der Gemeinschaft zu – dies schließe Mitgliedsbeiträge in Sport- und Spielvereinen sowie Kunst- und Kulturveranstaltungen mit ein.

Die Jugendweihefeier sei durchaus als eine „vergleichbare kulturelle Aktivität im Sinne von § 28 Absatz 7 SGB II“ zu bewerten, somit seien Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket zu gewähren. Dies gelte allerdings nur für die Teilnahmekosten des Veranstalters und nicht etwa für Bewirtungs- oder Bekleidungskosten.

Jobcenter muss Kosten teilweise übernehmen

Die Leistungen seien jedoch von Gesetzeswegen begrenzt (hier 2017: monatlich 10 Euro; heute: monatlich 15 Euro). So standen dem Jugendlichen 60 Euro im ersten Halbjahr zur Verfügung, die der junge Mann allerdings bereits für eine andere Aktivität verbraucht hatte. Da er das Budget im zweiten Halbjahr jedoch noch nicht genutzt hatte, sicherte das Gericht dem Jugendlichen die teilweise Kostenübernahme zu – und verurteilte das Jobcenter, die Teilnahmekosten in Höhe von 60 Euro zu tragen.

Verfahrensgang:

  • LSG Thüringen, Urteil v. 05.11.2020, Az.: L 9 AS 322/19
  • SG Meiningen

Titelbild: Jack Frog/ shutterstock.com