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Bürgergeld: Privates Darlehen zählt nicht als Einkommen

Richterhammer und Geld

Das Jobcenter darf privat aufgenommene Darlehen von Bürgergeld Empfängern nicht als Einkommen anrechnen. Dies entschied das Bundessozialgericht in einem veröffentlichten Urteil vom 09.12.2020.

Darlehen mindert Bürgergeld Anspruch nicht

Der Bürgergeld Regelsatz ist knapp bemessen. Wer die Leistungen des Jobcenters mit einem privaten Kredit aufstocken möchte, kann dies tun, ohne mit einer Anrechnung des Kredits auf den Regelbedarf rechnen zu müssen – unabhängig vom Zweck des Kredites. Dies geht aus einem Urteil des Bundessozialgerichts vom 09.12.2020 hervor (Az.: B 4 AS 30/20 R).

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Zusätzlich zu Darlehen: Frau beantragt Hartz IV

Klägerin war eine Frau aus dem Raum Jena. Die Frau arbeitete zwischen November 2010 und Mai 2013 Rechtsreferendarin und wissenschaftliche Hilfskraft, bevor sie im August 2013 wieder in den juristischen Vorbereitungsdienst eintrat, der die Befähigung zum Richteramt vermittelt. Parallel zu der Ausbildung schloss sie ein Fernmasterstudium in Kriminologie und Polizeiwissenschaft ab. Um die Zeit zwischen Arbeit und Vorbereitungsdienst zu überbrücken, beantragte die Klägerin für die Monate Juni und Juli 2013 Hartz IV.

Jobcenter lehnt Antrag ab

Die Klägerin hatte bereits im Vorfeld ein privates Studiendarlehen aufgenommen. Die Bank zahlte ihr damit von April 2012 bis Dezember 2013 monatlich 800 Euro aus. Dieses Darlehen sah das Jobcenter als Grund genug, den Antrag auf Hartz IV Leistungen abzulehnen. Aus Sicht der Behörde sei ihr Lebensunterhalt bereits durch das Darlehen in ausreichender Form gesichert, somit läge keine Hilfebedürftigkeit vor.

BSG: Darlehen schließt Anspruch nicht aus

Diese Ansicht teilte das Bundessozialgericht in dritter Instanz nicht. Das Studiendarlehen könne nicht als Einkommen berücksichtigt werden, da Kredite als „lediglich vorübergehend zur Verfügung gestellte Leistung“ gelten. Ein zurückzuzahlendes Darlehen stelle keinen wertmäßigen Zuwachs zur endgültigen Verwendung dar, der eine Hilfebedürftigkeit ausschließen würde.

Anders läge die Situation einzig bei „Zuflüssen aus darlehensweise gewährten Sozialleistungen“. Ein Studienkredit kann jedoch auch dann nicht dazu gezählt werden, wenn es von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) gefördert wird – wie hier der Fall. Der Zweck des Darlehens spiele – entgegen der Auffassung des Jobcenters – keine Rolle, andernfalls wären auch Verbraucherkredite für Leistungsempfänger „sinnlos“, erklären die Kasseler Richter. Leistungsempfänger würden sich zur Rückzahlung verpflichten, ohne letztendlich mehr Geld zur Verfügung zu haben.

Kombinierung von Hartz IV und Darlehen möglich

Laut Urteil des Bundessozialgerichts sei eine Kombinierung von Darlehen und Bürgergeld Leistungen in Übergangzeiten also durchaus rechtskonform:

Im Rahmen der Eigenverantwortung ist es jedoch auch für Hilfebedürftige nicht ausgeschlossen, ihren Lebensstandard für die Übergangszeit des Leistungsbezugs durch Darlehen, für die sie später selbst einzustehen haben, auf einem Niveau zu erhalten, das unabhängig von der Höhe der Grundsicherungsleistungen ist“.

Verfahrensgang:
SG Altenburg, Urteil v. 14.10.2016 – S 36 AS 3751/13
LSG Thüringen, Urteil v. 23.10.2019 – L 7 AS 1565/16
BSG, Urteil v. 09.12.2020 – B 4 AS 30/20 R

Titelbild: rawf8 / shutterstock.com