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Hartz IV Urteil: Gutachten über Erwerbsfähigkeit darf nicht zu alt sein

Frau bei Therapeutin

Der Nachweis über die Erwerbsunfähigkeit darf nicht zu alt sein. Arbeitslose, die eine Weitergabe der veralteten ärztlichen Unterlagen zur Feststellung der Erwerbsunfähigkeit die Deutsche Rentenversicherung ablehnen, verstoßen nicht gegen die Mitwirkungspflicht – dies entschied das Bundessozialgericht in einem jüngst veröffentlichten Urteil.

Erwerbsfähigkeit als Voraussetzung für Hartz IV Bezug

Erwerbsfähigkeit ist die Grundvoraussetzung für den Bezug von Hartz IV Leistungen. Wer aus gesundheitlichen Gründen als erwerbsunfähig eingestuft wird, erhält kein Hartz IV, sondern Leistungen aus der Sozialhilfe. Grundsätzlich darf das Gutachten, das als Nachweis der Erwerbsfähigkeit oder -unfähigkeit dient, nicht zu alt sein. Dies entschied das Bundessozialgericht am 26.11.2020 (Az: B 14 AS 13/19 R).

Frau verweigert Weiterleitung von Gutachten an Rentenversicherung

Hintergrund des Urteils war der Fall einer Arbeitslosen aus Heilbronn. Die Frau bezog seit 2005 Hartz IV Leistungen. Als die Frau 2014 die Weitergabe eines ärztlichen Gutachtens an die Deutsche Rentenversicherung zur Überprüfung der Erwerbsfähigkeit verweigerte, strafte das Jobcenter sie mit einer Vollsanktion und stellte die Leistungsauszahlung ein. Der Grund: Verletzung der Mitwirkungspflichten.

Gutachten sei falsch

Aus Sicht der Frau lag der Fall jedoch ganz anders. Das Gutachten sei 2010 ohne ihr Wissen von ihrem damaligen Betreuer veranlasst worden. Laut Gutachten verfüge die Frau angesichts psychischer Probleme über kein Leistungsvermögen – dies sei falsch. Der zuständige Gutachter habe sein Urteil anhand der Aktenlage und nicht etwa über eine persönliche Untersuchung gefällt. Darüber hinaus verletze die Weitergabe der Unterlagen an die Rentenversicherung das Recht der Frau auf informationelle Selbstbestimmung.

BSG spricht Recht: Gutachten zu alt

Das Bundessozialgericht gab der Frau in dritter Instanz Recht – allerdings aus anderen Gründen als die Frau vorgetragen hatte. Grundsätzlich könnten Leistungsbezieher nicht selbst entscheiden, welche Unterlagen zur Erwerbsfähigkeitsprüfung eingereicht werden und welche nicht. Eine Verweigerung der Übermittlung der geforderten Unterlage könne durchaus eine Verletzung der Mitwirkungspflichten darstellen. In diesem Fall war das betreffende Gutachten allerdings bereits 4 Jahre alt – zu alt, befand das Gericht.

 Das Gutachten hätte zudem im Rahmen einer persönlichen Untersuchung erstellt werden müssen, auch das war hier nicht der Fall. Eine Verletzung ihrer Mitwirkungspflichten könne der Frau also nicht angelastet werden.

Titelbild: Stock-Asso/ shutterstock.com