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Hartz IV Urteil: Jobcenter muss Meldeaufforderung nachweisen

Frau verschickt Dokument

Erscheinen Hartz IV Empfänger nicht zu Meldeterminen beim Jobcenter, kann dies eine Kürzung der ALG II Leistungen zur Folge haben – vorausgesetzt, der betreffende Leistungsempfänger wurde vorher eingehend über den Termin in Kenntnis gesetzt. Gibt die Person jedoch an, die Meldeaufforderung nie erhalten zu haben, ist das Jobcenter in der Beweispflicht. So entschied das Landessozialgericht Sachsen am 28. Mai 2020 (Az.: L 3 AS 64/18).

Sanktion wegen versäumtem Meldetermin

In dem Fall, der dem Urteil zugrunde lag, gab das Jobcenter Leipzig an, einem Hartz IV Empfänger eine Meldeaufforderung per Briefsendung übermittelt zu haben. Der Mann erschien jedoch nicht zu dem Termin am 07. April 2014, woraufhin das Jobcenter eine dreimonatige Kürzung des Regelsatzes gemäß § 20 SGB II um 10 Prozent veranlasste. Für den Hartz IV Bedürftigen bedeutete dies einen Verlust von 40 Euro monatlich.

Hartz IV Empfänger bestreitet Erhalt von Meldeaufforderung

Aus Sicht des Leistungsempfängers war diese Sanktion jedoch ungerechtfertigt. Er bestritt, die Einladung zu einem Meldetermin erhalten zu haben und bemerkte, dass das Schreiben nicht einmal eine ordnungsgemäße Rechtsfolgenbelehrung enthielt. Aus diesem Grund erhob der Mann Widerspruch gegen den Sanktionsbescheid – erfolglos.

Diese Entscheidung wollte der Leistungsbezieher jedoch nicht hinnehmen und zog vor das Sozialgericht Leipzig. Das SG Leipzig schlug sich jedoch in erster Instanz auf die Seite des Jobcenters und wies die Klage des Mannes ab. Entschlossen, sein Recht einzufordern, ging der Hartz IV Empfänger in Berufung vor dem Landessozialgericht Sachsen und siehe da: Das LSG entschied in seinem Sinne.

LSG Sachsen spricht Kläger Recht zu

Laut Urteil des LSG Sachsen hat das Sozialgericht die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Sachsener Richter beziehen sich in ihrem Urteilspruch auf § 37 Abs. 2 Satz 3 SGB X. Demzufolge ist eine Behörde den Zugang eines Schreibens beweisen, wenn dieser vom geplanten Empfänger abgestritten wird. Das ist auch dann der Fall, wenn der Kläger in der Vergangenheit nicht ausnahmslos wahrheitsgetreue Aussagen gemacht hat.

Jobcenter in der Nachweispflicht

Konkret bedeutet dies also, dass das Jobcenter in der Beweispflicht steht und der Widerspruch samt Überprüfungsantrag des Klägers nicht hätte abgelehnt werden dürfen. Bestreitet der betroffene Empfänger wiederholt den Erhalt der Schreiben vom Jobcenter, liegt es an der Behörde, einen Weg zu finden, den Erhalt nachzuweisen. Die könnte zum Beispiel über eine Versendungsform mit Empfangsbestätigung erfolgen.

Verfahrensgang:

SG Leipzig, Urteil v. 03.08.2017, Az.: S 4 AS 4567114 Leipzig

Titelbild: Michal Ludwiczak/ shutterstock.com