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Fehlende Nachweise: Jobcenter zerrt kranken Hartz IV Empfänger vor Gericht

Älterer Mann vor schwarzem Hintergrund

Das Leben mit Hartz IV ist nicht immer leicht, sondern birgt viele Hindernisse im Alltag. So auch für einen Hartz IV Empfänger aus Sachsen. Der Mann hatte versäumt, dem Jobcenter die nötigen Nachweise vorzulegen und wurde von der Behörde prompt vor Gericht gebracht – dort offenbart sich seine traurige Geschichte.

63-Jähriger wegen Sozialleistungsbetrug angeklagt

Mit 63 Jahren und schweren gesundheitlichen Problemen auf der Anklagebank eines Amtsgerichts in Sachsen. Der Vorwurf: Sozialleistungsbetrug. Mit diesem Schicksal sah sich ein Hartz IV Empfänger aus Hohenstein-Ernstthal dieses Jahr konfrontiert. Doch wie kam es dazu?

Der Mann lebte seit 2014 von Hartz IV Leistungen. Wer Leistungen nach dem SGB II bezieht, muss dem Jobcenter fortlaufend Nachweise über Einkommen, Kosten der Unterkunft sowie Strom- und Wasserkosten vorlegen. Andernfalls droht die Leistungskürzung. Dieser Pflicht kam der 63-Jährige jedoch nicht nach. Das Jobcenter verlangte immer wieder Nachweise über die Betriebskosten seiner Wohnung zwischen 2014 und 2017 – immer wieder versprach der Mann, er würde sich diesbezüglich mit seinem Vermieter auseinandersetzen, da sie ihm selbst nicht vorlägen.

Über 1.000 Euro zu viel bezogen

Ende 2019 kürzte das Jobcenter dem Hartz IV Empfänger die Leistungen, woraufhin der Mann die geforderten Unterlagen doch noch einschickte. Bei der Auswertung der Nachweise stellte sich heraus, dass er über vier Jahre insgesamt 1.335,30 Euro zu viel bezogen hatte – darauf erstattete das Jobcenter Strafanzeige wegen Sozialleistungsbetrug.

Vor Gericht zeigte sich der Angeklagte reumütig:

Ich weiß, dass es falsch war“.

Er hatte zuvor noch nie Ärger mit dem Gesetz und bereue das Geschehene. Auf die Frage des Staatsanwalts, warum er die Nachweise nicht eingereicht habe, offenbarte der Mann seine traurige Geschichte.

Angeklagter kaufte Auto, um Sohn besuchen zu können

Er hatte Angst, dass das Jobcenter ihm angesichts der Nachweise die Bezüge kürzen würde. Sein Sohn wurde zu 5 ½ Jahren Gefängnis in Bayreuth verurteilt und er sei der einzige Verwandte, den er noch hätte:

Ich bin der einzige, der noch zum ihm Kontakt hält und ihn besucht“, so der Angeklagte, der wegen gesundheitlicher Probleme nicht mehr gut laufen kann.

Von dem Geld hatte er sich ein Auto gekauft, um ihn regelmäßig besuchen zu können.

Staatsanwalt und Richter lassen Milde walten

Mittlerweile konnte er dem Jobcenter bereits 150 Euro zurückzahlen und vereinbarte eine monatliche Ratenzahlung von 50 Euro. Der Oberstaatsanwalt zeigte sich verständnisvoll:

Ich bin nicht sein Verteidiger, ich will hier aber auch nicht plädieren müssen. Er hat sich nie etwas zu Schulden kommen lassen. Angesichts der besonderen Situation wäre ich für eine Verfahrenseinstellung“.

Titelbild: Twin Design/ shutterstock.com