Was jeder schon ahnte, ist jetzt statistisch bewiesen: Seit 2006 liegen die Hartz IV-Sätze immer weiter hinter der Armutsgefährdungsschwelle zurück. Wer heutzutage mit Hartz IV über die Runden kommt, ist ein „Überlebenskünstler“.
Inhaltsverzeichnis
Bundesrat: Nur geringfügige Erhöhung
Der Bundesrat hat auf Basis des Artikel 80 Absatz 2 des Grundgesetzes der „Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung RBSFV 2019, RBSFV 2020 und RBSFV 2021“ zugestimmt. Demnach stieg 2019 der Hartz IV-Satz für Einpersonenhaushalte auf 424 Euro, 2020 auf 432 Euro. Am 01. Januar 2021 wird die Hartz IV-Erhöhung auf 439 Euro ansteigen (Beschluss vom 19.08.2020).
Für Hartz IV-Empfänger wird es immer schwieriger!
Das Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe (BIAJ) hat aktuell die Entwicklung zwischen Regelbedarf (Hartz IV) und der Armutsgefährdungsschwelle von 2006-2019 miteinander verglichen. Ergebnis: Die Lücke klafft immer weiter auseinander.
Hartz IV – immer weniger Geld
Während im Jahr 2006 die Armutsgefährdungsschwelle für einen Einpersonenhaushalt bei 746 Euro lag und der Hartz IV-Regelsatz (ohne Kosten für Unterkunft und Heizung) bei 345 Euro (Differenz 401 Euro, 53,8%) waren es im Jahr 2019 für Alleinlebende 1.074 Euro und 424 Euro (Differenz 650 Euro, 60,5%).
Hätte der Bundesrat den Abstand parallel zur Armutsgefährdungsschwelle angepasst, hätte der Regelbedarf auf dem Niveau des Jahres 2006 (53,8%) bereits 2019 auf 497 Euro steigen müssen.
Tabelle: Armutsgefährdungsschwelle 2006 und 2019 im Vergleich zur Hartz IV-Entwicklung (Einpersonenhaushalt)
Jahr | Armutsgefährdung | Hartz IV | Differenz |
2006 | 746 Euro (100%) | 345 Euro (46,2%) | 401 Euro (53,8%) |
2019 | 1.074 Euro (100%) | 424 Euro (39,5%) | 650 Euro (60,5%) |
Tabelle: Bei prozentualer Anpassung von Hartz IV an die Armutsgefährdungsschwelle (2019)
Jahr | Armutsgefährdung | Hartz IV | Differenz |
2019 | 1.074 Euro (100%) | 497 Euro (46,2%) | 577 Euro (53,8%) |
Lebenshaltungskosten steigen weiter
Was in dieser Statistik noch nicht bedacht ist: Im Laufe der Zeit sind die Lebenshaltungskosten exponential gewachsen. Die Corona-Pandemie macht alles noch teurer. Auch die Familienministerin fordert, aufgrund der Corona-Krise Hartz IV zu erhöhen.
Hartz IV-Empfänger können rein rechnerisch täglich 5,02 Euro für Lebensmittel ausgeben. Vor diesem Hintergrund ist die geplante Hartz IV-Erhöhung für 2021 um monatlich 7 Euro auf 439 Euro eine Zumutung. 7 Euro pro Monat entspricht nämlich 23 Cent pro Tag. Dafür bekommt man täglich gerade mal ein Ei.
Forderung nach einer Hartz IV-Erhöhung
Laut dpa fordert die Landesarmutskonferenz Niedersachsen nun ein einmaliges Corona-Geld in Höhe von 1.000 Euro, die Erhöhung der Regelsätze und Grundsicherung um 100 Euro und kostenlose Corona-Masken sowie Corona-Tests für Arme. Auch der Paritätische Wohlfahrtsverband äußert Kritik an der Regelsatz-Erhöhung und fordert 600 Euro statt 439 Euro.
Foto: christianthiel.net / shutterstock.com
Lesenswert: Skandal-Tricks: Darum wird der Hartz IV Regelsatz kleingerechnet!