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BSG Urteil: Vorläufige Hartz IV Bescheide müssen gekennzeichnet sein

Paar liest aufmerksam einen Hartz IV BEscheid

Haben Hartz IV Aufstocker schwankende Einnahmen, müssen ihre Hartz IV Bescheide als „vorläufig“ gekennzeichnet sein. Fehlt dieser Vermerk, ist der Bescheid endgültig und das Jobcenter darf zu viel gezahlte Leistungen nicht ohne Weiteres zurückfordern. Dies entscheid das Bundessozialgericht (BSG) kürzlich in einem wegweisenden Urteil.

Vorläufiger Hartz IV Bescheid ohne Vermerk gilt als endgültig

Als Hartz IV Aufstocker werden gemeinhin Leistungsempfänger bezeichnet, die auf Grund ihrer geringen Einnahmen aus einer Berufstätigkeit zusätzlich Anspruch auf ALG II Leistungen haben – sie stocken ihr Gehalt damit auf. Knapp ein Drittel aller Hartz IV Empfänger beziehen ihre Leistungen aufstockend.

Schwanken die Einnahmen aus der Berufstätigkeit, verändert sich auch die Höhe des Hartz IV Anspruchs. In diesem Fall erhalten die Betroffenen gemäß § 41a SGB II einen vorläufigen Hartz IV Bescheid des Jobcenters, der von Seiten des Jobcenters fortwährend überprüft und angepasst werden kann. Laut einem kürzlich veröffentlichten Urteil des Bundessozialgerichts (Urteil v. 24.06.2020, Az.: B 4 AS 10/20 R) muss dieser vorläufige Bescheid allerdings zwingend als solcher gekennzeichnet sein. Ohne einen Vermerk auf dem Bescheid über dessen Vorläufigkeit, gilt er automatisch als endgültig.

Frau hat schwankende Einnahmen

Hintergrund des Urteils war der Fall einer Hartz IV Empfängerin und ihrem Sohn aus Hamburg. Die Frau erzielte aus ihrer Arbeit ein kleines Einkommen und bezog daher aufstockend Hartz IV Leistung. Die Einnahmen aus ihrer Tätigkeit schwankten dabei monatlich, da die Frau auf Abruf arbeitete. Aus diesem Grund erstellte das Jobcenter unter Vorlage der vorherigen Verdienstbescheinigungen eine Einnahmenprognose, anhand derer es den vorläufigen Hartz IV Anspruch der Frau bemaß. Der darauffolgende vorläufige Leistungsbescheid wurde dabei jedoch nicht als „vorläufig“ gekennzeichnet.

Jobcenter fordert Leistungen zurück

In den Folgemonaten verdiente die Frau mehr als das Jobcenter zunächst erwartet hatte und forderte die zu viel gezahlten Hartz IV Leistungen zurück. Insgesamt 761,81 Euro sollte die Hamburgerin zurückzahlen, doch diesen Bescheid ließ die Frau nicht auf sich sitzen und zog vor Gericht.

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BSG spricht Recht

Der Fall landete in letzter Instanz vor dem Bundessozialgericht. Die Karlsruher Richter entschieden, dass der Leistungsbescheid ohne einen Vermerk über dessen Vorläufigkeit als endgültig zu betrachten sei. Das Jobcenter hatte versäumt, den Hartz IV Bescheid entsprechend zu kennzeichnen und somit sei die Basis für eine Leistungsrückforderung nicht gegeben. Ob und inwiefern die zu Unrecht zu viel gezahlten Leistungen für die Hartz IV Aufstockerin ersichtlich waren, soll nun das Landessozialgericht Hamburg erneut prüfen.

Vorinstanzen:

SG Hamburg – Urteil v. 08.09.2017, Az.: S 29 AS 255/16

LSG Hamburg – Urteil v. 30.09.2019, Az.: L 4 AS 26/18 und L 2 AS 26/18

Titelbild: fizkes/ shutterstock.com