Zum Inhalt springen

Umzug bei Hartz IV: Jobcenter muss doppelte Mieten zahlen

Frau liest besorgt einen Brief inmitten von Umzugskartons

Ein Umzug zählt zu den stressigsten Situationen im Leben eines Menschen. Für Hartz IV Empfänger sind Wohnungswechsel angesichts der damit verbundenen Kosten besonders belastend. In vielen Fällen wird beim Umzug in eine neue Wohnung eine Doppelmiete fällig – in vielen Fällen muss die aber das Jobcenter bezahlen.

BSG: Jobcenter muss Doppelmiete zahlen, wenn sie unvermeidbar ist

Viele Mieter kennen das Problem: Eine neue Wohnung soll bezogen werden, die Kündigungsfrist für die bisherige Wohnung überschneidet sich aber mit dem Einzugstermin für die neue Wohnung. In diesem Fall kommt es häufig zu einer doppelten Mietzahlung für den Mieter. Für Hartz IV Empfänger stellt dies eine nicht tragbare finanzielle Belastung dar. Wie das Bundessozialgericht jedoch am 30. Oktober 2019 urteilte, muss das Jobcenter die doppelte Mietzahlung übernehmen, solange sie unvermeidbar und angemessen ist (Az.: B 14 AS 2/19 R).

Jobcenter lehnt Übernahme Doppelmiete ab

Hintergrund des Urteils war die Klage einer alleinerziehenden Mutter aus Bonn. Die Hartz IV Empfängerin zog mit Genehmigung des Jobcenters mit ihren zwei Kindern aus ihrer 54 qm großen Wohnung in eine 82 qm große Wohnung. Für den Monat Juli wurden dadurch Mietzahlungen für sowohl die alte als auch die neue Wohnung fällig. Die Frau beantragte daraufhin die Übernahme der Doppelmiete beim Jobcenter Bonn – doch das lehnte ab. Die Kostenübernahme einer Doppelmiete gemäß § 22 Abs. 6 SGB II könne nur erfolgen, sofern das Jobcenter diese im Vorfeld zugesichert hat. Da die Frau die Kostenübernahme allerdings vor Abschluss des Mietvertrages nicht beantragt hätte, müsste das Jobcenter die Mietzahlungen auch nicht übernehmen.

BSG urteilt im Sinne der Mutter

Nachdem das Sozialgericht die Klage der Mutter ablehnte (Az.: S 6 AS 4750/14), urteilte das Bundessozialgericht in letzter Instanz im Sinne der Alleinerziehenden. Aus Sicht des Gerichts gehören die Kosten einer Doppelmiete zu den Aufwendungen für die Kosten der Unterkunft gemäß § 22 Abs. 1 SGB II, solange

  • beide Wohnungen im Umzugsmonat tatsächlich genutzt werden und
  • die doppelte Mietzahlung dadurch unvermeidbar ist.

Ein Doppelmiete kann unvermeidbar sein, wenn etwa eine Abstimmung der Vertragslaufzeiten aufeinander unzumutbar ist. Dies kann den örtlichen Verhältnissen auf dem Wohnungsmarkt oder auch den persönlichen Lebensverhältnissen des Leistungsberechtigten (Gesundheitszustand, Alleinerziehung, soziale Schwierigkeiten) geschuldet sein.

Vorinstanzen:

SG Köln, 24.10.2016, Az.: S 6 AS 4750/14

LSG Nordrhein-Westfalen, 13.09.2018, Az.: L 6 AS 2540/16

Titelbild: baranq/ shutterstock.com