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Hartz IV Skandal: Will Jobcenter PC-Zuschuss für Schüler verhindern?

Mädchen sitzt am PC und erhält Online-Unterricht

Der Erwerbslosenverein Tacheles e.V. veröffentlichte kürzlich eine vermeintliche Dienstanweisung des Jobcenter Wuppertals, die einem waschechten Skandal gleichkommt: Das Jobcenter versucht augenscheinlich, den Rechtanspruch der Schüler aus Hartz IV Familien auf einen PC-Zuschuss mit allen Mitteln auszuhebeln – und bedient sich dabei fadenscheiniger Mittel.

Online-Unterricht: Schüler aus Hartz IV Familien benachteiligt

Die Schulschließungen in der Corona-Krise zwangen Lehrer und Schüler in den Heimunterricht. Schüler wurden angewiesen, Arbeits- und Lernmaterialien am heimischen Computer herunterzuladen und online am virtuellen Unterricht teilzunehmen. Doch in vielen Familien scheitert das sogenannte E-Learning bereits am Zugang zu einem PC. Familien im Hartz IV Bezug stehen oftmals nicht die finanziellen Mittel zur Verfügung, sich einen eigenen Computer anzuschaffen. Die direkte Folge: Kinder aus bedürftigen Familien werden unverhältnismäßig stark benachteiligt (buergergeld.org berichtete).

Urteil: 150 Euro PC-Zuschuss für Schüler

Aus diesem Grund beschloss das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, der Klage einer Gymnasiastin stattzugeben und Schülern aus bedürftigen Familien einen Pandemie-bedingten Mehrbedarf gemäß § 21 Abs. 6 SGB II in Höhe von 150 Euro für Schulcomputer zu gewähren (Urteil v.  22.05.2020, Az.: L 7 AS 719/20 B ER, L 7 AS 720/20 B).

Versucht Jobcenter Anspruch auf PC-Zuschuss zu verhindern?

Laut Angaben des Erwerbsvereins Tacheles e.V. versucht das Jobcenter Wuppertal jedoch, mit allen Mittel zu verhindern, dass Schülern der PC-Zuschuss auch wirklich zugutekommt. Von Seiten des Jobcenters hieß es laut Tacheles zuerst, man begrüße den Zuschuss und erkenne dessen Notwendigkeit an. Einer vermeintlich geleakten internen Dienstanweisung des Jobcenters zufolge scheint das Jobcenter jedoch die Hürden für die erforderliche Schulbescheinigung über die Notwendigkeit des PCs so hochzulegen, dass „kaum eine Schule bescheinigen wird, dass nun noch zwingend ein digitales Endgerät benötigt“, so die Weisung.

Um den PC-Zuschuss auch wirklich zu erhalten, müssen Bedürftige laut der vermeintlichen Weisung eine Bescheinigung der Schule vorlegen, „dass zur Teilnahme am Unterricht zwingend ein internetfähiges digitales Endgerät zur Verfügung stehen muss“. Auf Grund des gesetzlichen Bildungsauftrages der Schule, wird sich die Ausstellung einer solchen Bescheinigung jedoch mehr als schwierig gestalten.

Thomé: „Jobcenter schafft bewusst Hürden“

Für Harald Thomé, Gründer von Tacheles e.V., lässt die vermeintliche Dienstanweisung des Jobcenter tief blicken:

Mit diesem Trick offenbart das Jobcenter Wuppertal, dass es kein Interesse daran hat, bedürftigen Kindern und Jugendlichen eine Teilhabe am digitalen Unterricht zu ermöglichen, sondern bewusst Hürden schafft, die eine schulische und gesellschaftliche Teilhabe von Schüler*innen aus armen Familien erschweren“.

Ferner fordere Tacheles e.V. das Jobcenter vor dem Hintergrund dieser Erkenntnisse auf, die „Zuschüsse für Schulcomputer niedrigschwellig anzusetzen„, damit Schüler aus finanzschwachen Haushalten gegenüber ihren finanziell besser situierten Klassenkameraden nicht auf der Strecke bleiben.

Die vermeintliche Dienstanweisung des Jobcenters und die Stellungnahme von Tacheles e.V. finden Sie hier.

Titelbild: Studio Romantic/ shutterstock.com