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Jobcenter muss Nachhilfe für Kinder zahlen

Kleiner Junger lernt

Lernschwierigkeiten betreffen Kinder aus allen gesellschaftlichen Schichten. Die Kosten für einen Nachhilfelehrer sind jedoch nicht für jeden zu stemmen. Aus diesem Grund entschied das Sozialgericht Braunschweig, dass Schüler aus Familien im Hartz IV Bezug Anspruch auf eine Lernförderung haben –die Kosten sind vom Jobcenter zu übernehmen.

Gericht gewährt Schüler Nachhilfe

Kinder mit Lernschwierigkeiten haben es in der Schule nicht leicht. Ohne eine geeignete Lernförderung können sie oft nur schwer mit dem schulischen Fortschritt ihrer Klassenkameraden mithalten – doch nicht jeder kann sich eine solche Förderung leisten. Das Sozialgericht Braunschweig entschied nun im Eilverfahren mit Urteil vom 30. April 2020 (Az.: S 43 AS 117/20 ER), dass Kinder aus Familien im Hartz IV Bezug Anspruch auf eine Lernförderung vom Jobcenter haben.

Grundschüler beantragt Lernförderung beim Jobcenter

Das Gericht reagierte mit dem Urteil auf den Antrag eines zehnjährigen Grundschülers. Der Junge besuchte die vierte Klasse einer Grundschule in Niedersachsen und wies Lernschwierigkeiten in den Fächern Mathematik und Deutsch auf. Trotz aller Bemühungen stand er in den Fächern auf der Note 4 – ausreichend. Da seine Familie Hartz IV Leistungen bezog, beantragte er beim zuständigen Jobcenter die Kostenübernahme für eine Lernförderung in Form von Nachhilfestunden. Doch das Jobcenter wollte die Nachhilfe nicht zahlen und der Fall landete vor Gericht.

Jobcenter: Nachhilfe sei nicht effektiv

Das Jobcenter argumentierte, dass der Junge in den betreffenden Fächern auf der Note 4 stand und das Lernziel somit als „ausreichend“ erreicht zu betrachten sei. Eine Lernförderung sei trotz widersprechender Bescheinigung der Grundschule nicht notwendig, da keine Versetzungsgefahr bestünde. Eine kurzfristige Nachhilfe sei zudem nicht effektiv, da der Junge bereits in der Vergangenheit Nachhilfe erhielt und diese wenig Einfluss auf seine Noten hatte.

Gericht urteilt im Sinne des Jungen

Das Sozialgericht Braunschweig teilte diese Ansicht jedoch nicht. Dem Grundschüler stünden gemäß § 28 Abs. 5 SGB II Leistungen zur Lernförderung zu – unabhängig davon, ob Versetzungsgefahr besteht oder nicht. Darüber hinaus umfasse die Lernförderung entgegen der Auffassung des Jobcenters mehr als nur kurzfristige Maßnahmen zur Vermittlung von Kompetenzen. Der Misserfolg der vorangegangenen Nachhilfestunden würde in diesem Sinne viel mehr belegen, dass langfristige Maßnahmen zur Lernförderung nötig seien, um dem Jungen das elementare Wissen der Fächer Deutsch und Mathe näherzubringen. Gerade während der Corona-Pandemie sei nicht zu erwarten, dass der Grundschüler die Lernziele ohne Hilfe erreiche.

Titelbild: Andrii Medvednikov/ shutterstock.com