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Corona-Krise: Obdachlose EU-Bürger bekommen Hartz IV

Obdachloser Mann sitzt auf der Straße

Im Regelfall stehen wohnungslosen Ausländern nicht ohne Weiteres Hartz IV Leistungen zu. Anders jedoch in einem Fall des Sozialgerichts Düsseldorf: In Zeiten der Krise muss das Überleben des Einzelnen allerhöchste Priorität haben.

Überleben des Einzelnen muss gesichert sein

Wenn sich obdachlose Ausländer auf den Weg nach Deutschland machen, kommen sie häufig nur mit Betteln oder kleinen Gefälligkeitsjobs über die Runden. Hartz IV oder andere Sozialleistungen stehen ihnen in der Regel nicht zu. In Zeiten der Corona-Pandemie sind die Möglichkeiten, sich etwas dazu verdienen für Obdachlose allerdings beschränkt. Nun entschied das Sozialgericht (SG) Düsseldorf jedoch in einem wegweisenden Urteil (Az.: S 25 AS 1118/20 ER), dass das Überleben des Einzelnen in der Corona-Krise von Seiten des Staates gesichert werden muss – auch, wenn der Betroffene keinen festen Wohnsitz in der Bundesrepublik hat.

Jobcenter lehnt Hartz IV Antrag ab

Hintergrund des Beschlusses des SG Düsseldorfs war der Fall eines Mannes aus Portugal. Der Mann hatte beim Jobcenter Wuppertal einen Antrag auf Arbeitslosengeld II gestellt, allerdings stehen nach geltendem Recht EU-Bürgern, die sich nur zur Arbeitssuche in Deutschland aufhalten und kein Aufenthaltsrecht haben, keine Hartz IV Leistungen zu – und das Jobcenter lehnte den Antrag ab. Der Mann könnte lediglich Überbrückungsleistungen beantragen, um ihm den Weg zurück in seine Heimat zu erleichtern, in der er im Anschluss Sozialleistungen beantragen könne.

Covid-19 verstärkt Hilfebedürftigkeit

Diesen Bescheid wollte der Mann jedoch nicht auf sich sitzen lassen. Am 27.03.2020 stellt der Portugiese einen Antrag auf sozialgerichtlichen Eilrechtschutz, um nun doch schnellstmöglich Hartz IV Leistungen gewährt zu bekommen. Das SG Düsseldorf erkannte die Hilfebedürftigkeit des Mannes angesichts der schwierigen Lage an. Mit Blick auf die Corona-Krise und der ihr geschuldeten eingeschränkten Reisefreiheit, könne dem Mann nicht aufgetragen werden, in sein Heimatland zurückzukehren.

Leistungsverweigerung „völlig unverständlich“

Die Richter empfanden es zudem als „völlig unverständlich“, wie Träger in einer derartigen Extremsituation wie einer Pandemie Leistungen verweigern könnten. Die Einschränkungen des öffentlichen Lebens würden es für Obdachlose derzeit „mehr als schwierig“ machen, Geld zu „erbetteln“. Um existentiellen Notlagen entgegenzuwirken, verpflichtete das Gericht das Jobcenter, dem Wohnungslosen bis zum 30. September 2020 vorläufig Hartz IV Leistungen zu gewähren.

Titelbild: Followtheflow/ shutterstock.com