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Sozialamt: Sachleistungen statt Geld im Quarantänefall

traurige Mutter mit weinendem Kind auf Arm

Sollte es aufgrund der COVID19-Pandemie zu eine Quarantäne für Betroffene kommen, sollen die Leistungen für Nahrungsmittel und Getränke nur in Form von Sachleistungen und nicht in Form von Geldleistungen fließen – so das Schreiben des Sozialamtes Landkreises Rostock als Vorabmitteilung.

Bevormundung durch Sozialamt

Die Vorabmitteilung des Sozialamtes Rostock, welche von der Linken Politikerin Karen Larisch auf twitter veröffentlicht wurde, zeigt deutlich, wie der Landkreis Rostock ihre Bürger bevormunden möchte – indem es Geldleistungen der Sozialhilfe nach SGB XII für Nahrungsmittel, Getränke und Tabak im Falle einer Quarantäne entzieht und stattdessen nur noch Sachleistungen erbringt.

Sollten bereits Geldleistungen im laufenden Monat ausgezahlt worden sein, sollen diese zurückgefordert werden

Das Sozialamt erlaubt sich sogar den zynischen Hinweis, dass Betroffene diese Umstellung auf Sachleistungen bei der Verwendung ihrer monatlichen Leistungen berücksichtigen sollen.

Schreiben des Sozialamtes Rostock zu Sachleistungen statt Geldleistungen vom 30.03.2020
Quelle: Karen Larisch (Die Linke) / Twitter

Sozialleistungen sind ein Grundrecht

Karen Larisch ist stellvertretende Vorsitzende des Sozialausschusses und protestiert öffentlich auf Twitter, nachdem sie eigenen Angaben zu Folge seit 10 Tagen keine Antwort auf ihre Anfrage an den Landkreis Rostock erhielt. Die Politikerin kritisiert das Vorgehen der Stadt als bitter, wenn nur „Öffentlichkeit und Soziale Medien für Antworten sorgen“.

Als stellvertretende Vorsitzende des Sozialausschusses protestiere ich öffentlich! Sozialleistungen sind ein Grundrecht! Ökonomisch arme Menschen dürfen selbst bestimmen was sie davon kaufen! Ob Brot oder Schlüpper- geht Niemanden was an! Geldleistung statt Sachleistung!

Karen Larisch (Die Linke) / Twitter 15.04.2020

Antwort erst nach öffentlichem Druck

Tatsächlich bekam die Politikerin erst eine Antwort, nachdem das Schreiben mit ihrem Protest auf Twitter veröffentlicht wurde – ebenfalls per Tweet. Der Landkreis Rostock schreibt:

Das Schreiben ging an Bewohner*innen von Gemeinschaftsunterkünften. Es ist eine Vorinformation, die ein mögliches Verfahren beschreibt. Wir sind für die Unterbringung und Versorgung dieser Menschen verantwortlich und arbeiten an Lösungen für einen Erkrankungsfall mit Quarantäne.

Landkreis Rostock/ Twitter 15.04.2020

Auch die ehemalige Jobcenter Mitarbeiterin und Buch-Autorin, Inge Hannemann, meldet sich auf Twitter zu Wort und fragt die Stadt Rostock öffenbtlich zu dem Vorgehen:

Guten Tag @HROrathaus Können Sie diese Entscheidung bitte plausibel u. gesetzlich erläutern? Auch in verordneter Quarantäne müssen Geldmittel vorhanden sein, um via Dritte einzukaufen. Auch Sachleistungen müssen in einem Geschäft besorgt werden. Oder bringen Sie das Essen vorbei?

Inge Hannemann / Twitter 15.04.2020

Eine Antwort aus Rostock blieb auf Hannemanns Frage bisher aus – zumindest öffentlich auf Twitter.

Eigenmächtige Umstellung zweifelhaft

Sozialleistungen wie die Sozialhilfe wie auch das Arbeitslosengeld II (Hartz IV) werden grundsätzlich als Geldleistungen ausgezahlt, damit Betroffene selbst entscheiden können, wie sie die Geldmittel einsetzen. Die eigenmächtige Umstellung der Stadt Rostock auf Sachleistungen statt Geldleistungen – auch im laufenden Monat – dürfte so nicht haltbar und rechtlich höchst zweifelhaft sein. Darüber hinaus würde eine Umstellung auf Sachleistungen Betroffene in eine noch schwierigere Situation bringen als sie jetzt schon ist.