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Hartz IV TV: Armut als Erfolgskonzept im Programm

Ernster Mann steht über einem kaputten Fernseher

Ein Kamerateam folgt ihnen durch die Ödnis der sozialen Brennpunktviertel und TV-Deutschland sitzt gebannt vorm Fernseher: Hartz IV Empfänger bringen Quote. Beinahe täglich bieten uns Sender die Möglichkeit, Leistungsempfänger zur Prime-Time dabei zu bestaunen, wie sie ihr Leben meistern oder uns über ihre vermeintliche Faulheit zu echauffieren.

Zahltag – ein Koffer voller falscher Hoffnung?

In der RTL Sendung „Zahltag – ein Koffer voller Chancen“ bekommen Leistungsempfänger die Hartz IV Bezüge eines Jahres auf einmal ausgezahlt. Dieses Geld soll ihnen als Starthilfe in die Selbstständigkeit und weg vom Jobcenter dienen.

Bei der Erfüllung ihres Traums vom Hartz-IV-freien Leben werden sie von drei Experten unterstützt, die sie in finanziellen Dingen beraten sollen: „Cindy aus Marzahn“- Darstellerin Ilka Bessin, ehemaliger Bezirksbürgermeister von Neukölln Heinz Buschkowsky und Gründerberater Felix Thönnessen.

Unterhaltung auf Kosten der Hartz IV Empfänger

So weit, so gut. Die Experten sitzen dabei jedoch die meiste Zeit vor dem Bildschirm und kommentieren auf bissige Art die schlechten Finanzentscheidungen der Hartz IV Empfänger. Man hätte sie ja auch um Rat fragen können, bevor man unklug agiert.

Die Tatsache, dass sich manche Menschen schlechter Schachzüge im Moment des Handelns nicht bewusst sind, wird ignoriert und das Scheitern der Leistungsbezieher billigend in Kauf genommen. Das Spiel mit den Existenzängsten der Hartz IV Empfänger macht den Unterhaltungswert aus.

Hartz IV bringt Einschaltquote

Auch der RTL-Namensvetter RTL II sendet beinahe täglich Formate, in denen Hartz IV Empfänger die Hauptrollen spielen. „Armes Deutschland“, „Hartz und Herzlich“ und andere Formate zeigen regelmäßig das Leben von Menschen am Existenzminimum im Doku-Stil. Die schmale Linie zwischen der Ausbeutung der Ärmsten und dem Aufzeigen sozialer Missstände verschwimmt dabei stetig mehr.

TV-Armutstourismus hat Erfolg

Das Phänomen „Hartz IV TV“ hat sich in den letzten Jahren auf unseren Bildschirmen etabliert und ein Ende des Erfolgs ist nicht in Sicht. Das Erfolgsrezept des TV-Armutstourismus zeichnet sich vor allem durch zwei Zutaten aus: Mitleid und Schadenfreude.

Auf der einen Seite fühlt der Zuschauer mit der armen Alleinerziehenden, die die Stromrechnung nicht bezahlen kann, der obdachlose 20-Jährige hingegen wird als Sozialschmarotzer dargestellt und hat sein Schicksal verdient.

Freude am Leid anderer

Die Menge an Fernsehformaten mit Fokus auf Hartz IV Empfängern befriedigt zwar unseren Voyeurismus, lenkt uns aber gleichermaßen davon ab, dass es salonfähig geworden ist, im Leid anderer einen gewissen Unterhaltungswert zu finden. Das wahrhaftige Unglück der Armut gerät dabei häufig in den Hintergrund.

Titelbild: Refat/ shutterstock.com

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