Zum Inhalt springen

Hartz IV Kindergeldfalle zugeschnappt: Schwangere zur Kasse gebeten

Schwangere Hartz IV Empfängerin

So wirklich profitieren Hartz-IV-Empfänger nicht vom Kindergeld. Der Betrag wird seit jeher als Einkommen auf die Sozialleistungen angerechnet, kann aber trotzdem zurückgefordert werden. Eine schwangere Hartz IV Empfängerin und ihre Mutter aus Hameln haben dieses nun am eigenen Leibe erfahren.

1080 Euro Kindergeldrückforderung trotz Hartz IV Bezug

Derzeit berichtet die „DEWEZET“ (Deister- und Weserzeitung) über Barbara S. aus Coppenbrügge,  eine Hartz IV Empfängerin,  die 1080 Euro Kindergeld zurückzahlen soll. Das Kindergeld hat sie als Anspruchsberechtigte über mehrere Monate für ihre schwangere Tochter erhalten. In dieser Zeit wurde das Kindergeld auf den Hartz IV Satz als Einkommen angerechnet.

Grund der Rückforderung war die Verletzung der Mitwirkungspflicht. Barbara S. hätte der Kindergeldkasse frühzeitig mitteilen müssen, dass ihre schwangere Tochter die Schule abgebrochen hat. Jedoch soll ihr zuvor von Mitarbeitern des Jobcenters Hameln-Pyrmont bestätigt wurden sein, dass das Jobcenter die Mitteilung an die Familienkasse übernehmen würde.  Nun bestreitet das Jobcenter diese Aussage jedoch und betont, dass es dafür nicht zuständig sei.

„Das ist eine Sache, die die Behörden untereinander regeln müssten“

Das Irrwitzige an der Geschichte: Der Hartz IV Bezug wurde auf Grund der Kindergeldleistung gekürzt. Hätte die Tochter niemals Kindergeld erhalten, wäre der Hartz IV Satz wesentlich höher ausgefallen. „Das ist eine Sache, die die Behörden untereinander regeln müssten“, sagt Barbara S. gegenüber der „DEWEZET“. Die Familienkasse fordert somit Geld zurück, welches die Familie so tatsächlich niemals in den Händen hielt. Man mag meinen, dass das Jobcenter hier einspringen müsse, doch Fehlanzeige – unterstützt wird dieses Spielchen tatsächlich durch ein Urteil vom Bundesfinanzhof (Bundesfinanzhof, Urteile vom 6. Februar 2019, Aktenzeichen III R 19/17 und III R 48/17). 

Die Familienkasse kann zwar rückwirkend fordern aber das Jobcenter springt in dieser Angelegenheit nicht rückwirkend ein: „Das liegt daran, dass Kindergeldangelegenheiten im Steuerrecht angesiedelt sind, über Hartz-IV-Leistungen aber Sozialgerichte entscheiden“, so ein Sprecher der Agentur für Arbeit Hameln gegenüber der „DEWEZET“. Zustimmung kommt auch vom Bundesfinanzhof, welcher jedoch einräumt, „dass es an einer gesetzlichen Regelung der systemübergreifenden Rückabwicklung von zu Unrecht gewährtem Kindergeld, das auf Arbeitslosengeld-II-Leistungen angerechnet wurde, fehle“.

Eltern, die von Kindergeldrückforderungen betroffen sind, bekommen somit keine nachträglichen Leistungen vom Jobcenter. Das, dem Bundesfinanzhof untergeordnete, Finanzgericht Düsseldorf erkennt jedoch den Kern des Problems und bewertet die Folgen für Hartz IV Bezieher schwerwiegender als das eigentliche Meldeversäumnis. Die Doppelbelastung und die daraus resultierende Schlechterstellung müsse von den Behörden berücksichtigt werden. Dennoch muss Barbara S. im Namen ihrer schwangeren Tochter die Rückzahlung des Kindergeldes leisten. Doch die Rechtssprechung bleibt ungerecht: „Schließlich hat sich an dem Geld niemand bereichert“, betont die Mutter. 

Titelbild: Photographee.eu / shutterstock.com