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Hartz IV: Auf Campingplatz abgeschoben – Jobcenter nimmt Stellung

Campingplatz

Wohnraum ist knapp und für Hartz IV Empfänger und Rentner sind die hohen Mieten kaum noch bezahlbar. Als einziger Ausweg vor der Obdachlosigkeit, bleibt vielen Betroffenen nur noch der Campingplatz. In Rheinland-Pfalz soll das Jobcenter Westerburg Leistungsbeziehern sogar dazu geraten haben, sich auf dem örtlichen Campingplatz eine Unterkunft zu suchen. Das Jobcenter stellt den Fall jetzt jedoch ganz anders dar.

Jobcenter weist Vorwürfe von sich

Wir berichteten zuletzt über Rentner und Hartz IV Empfänger, die unter menschenunwürdigen Zuständen unfreiwillig als Dauercamper leben. Das Medienecho zwang das Jobcenter Westerburg nun zu einer Stellungnahme.

Gegenüber „FOCUS Online“ betont das Jobcenter, dass kein Mitarbeiter

„zu keinem Zeitpunkt Leistungsempfänger an Unterkünfte auf dem Campingplatz ‚Zum Katzenstein‘ vermittelt“,

hätte. Die Integration in den Arbeitsmarkt sei durch das Leben auf dem abgeschiedenen Campingplatz beeinträchtigt und läge daher nicht im Interesse des Jobcenters. So steht aktuell das Wort der Behörde gegen die Aussagen des Campingplatzbesitzers und mehrerer dort lebender Leistungsbezieher.

Campingplatz statt Obdachlosigkeit

Sicher ist jedoch, dass die meisten Bewohner des Campingplatzes „Zum Katzenstein“ im Westerwald, nicht freiwillig dort leben. Eine bezahlbare Wohnung im 3 Kilometer entfernten Westerburg ist rar, da die Mieten die geltenden Mietobergrenzen übersteigen. Damit das Jobcenter die Unterkunftskosten übernimmt, muss sich der Hartz IV Empfänger an die örtliche Obergrenze halten. Ist keine angemessene Wohnung zu finden, landen einige Betroffene als Konsequenz auf der Straße.

Als letzter Ausweg vor der Obdachlosigkeit nehmen Hartz IV Empfänger im Westerwald das karge Leben auf dem Campingplatz hin: Ohne fließend Wasser, Heizung oder einem eigenen Klo im Wohnwagen. Das Jobcenter muss jedoch die Kosten für diese Art der Unterkunft weiter leisten, sofern die Bewohner offiziell auf dem Campingplatz gemeldet sind (§ 20 Satz 2 BMG).

Baurecht verbietet dauerhaftes Wohnen auf  Campingplatz

Nach deutschem Melderecht ist das dauerhafte Wohnen auf dem Campingplatz zwar erlaubt, doch nach dem geltenden Baurecht verboten (§ 10 BauNVO). Bislang werden die Bewohner auf dem Campingplatz geduldet aber müssen wegen der gegensätzlichen Rechtssprechung weiter um ihr „Zuhause“ fürchten.

Das Jobcenter Westerburg hat angekündigt, dass es zumindest die Mieten in jedem Fall weiterzahlen will: „Dies gilt auch dann, wenn die Nutzung aus zivilrechtlichen oder baurechtlichen Gründen untersagt werden könnte.“ Bei der Suche nach einer angemessenen Wohnung, sollten die Betroffenen jedoch keine Hilfe erwarten:

„Die Vermittlung oder Empfehlung von Wohnraum ist keine Aufgabe des Jobcenters. Von dort kann lediglich auf den allgemeinen Wohnungsmarkt verwiesen werden,“

so das Jobcenter Westerburg in seiner Stellungnahme.

Menschenwürdig sind die aktuellen Unterkünfte der Hartz IV Empfänger jedenfalls nicht. Sogar nach Rechtssprechung des Bundessozialgerichtes sind nur Wohnungen MIT Bad und WC als angemessen zu bezeichnen. Doch auch aus diese Verantwortung weist das Jobcenter von sich, indem es erklärt: „Es wird davon ausgegangen, dass jeder Leistungsberechtigte bei Wohnungsbesichtigung und vor Unterzeichnung eines Mietvertrages im eigenen Ermessen feststellt, ob der Zustand der jeweiligen Wohnung mit den persönlichen Bedürfnissen vereinbar ist.“  

Titelbild: defotoberg / shutterstock.com